Rezension „Not Your Business, Babe!“ von Verena Bogner

Da ich im letzten Jahr doch häufig nach einem langen Arbeitstag eher zu Liebesschmonzetten gegriffen habe, habe ich mir vorgenommen, mal wieder mehr gehaltvollere Bücher zu gesellschaftspolitischen Themen zu lesen. So war mir „Not Your Business, Babe!“ von Verena Bogner in die Hände gefallen. Mit dem Untertitel „Alles, was du als Frau über die Arbeitswelt wissen musst“ und einem ansprechenden Klappentext hatte es mich neugierig gemacht. Daher hatte ich große Hoffnungen in das Buch, da Karriere gerade wieder ein wichtiges Thema bei mir ist. Leider – und das möchte ich an dieser Stelle vorweg greifen – wurde ich von der Lektüre etwas enttäuscht. Wie ich mich in der Welt des Kapitalismus zurechtfinde, ohne mich dabei selbst zu verlieren, wie es der Umschlagtext verspricht, habe ich jetzt nicht wirklich gelernt.

Das Buch versucht sehr viele Themen rund um Frauen und Arbeitswelt abzudecken und bleibt dabei leider dann etwas oberflächlich. Es handelt sich also mehr um einen Abriss darüber, wie Patriarchat und Popkultur auch das Jobleben prägen. „Alles, was du als Frau über die Arbeitswelt wissen musst“ in gerade mal 200 Seiten zu packen, ist ja auch ein Ding der Unmöglichkeit. Daher funktioniert es eher als Anstoß, sich mal mit den verschiedenen Themen, die hier angerissen werden, zu beschäftigen. Dazu gehören etwa Hustle Culture, Generationenkonflikte, die Great Resignation, Mental Health, Selfcare, Girlboss und der Einfluss von Popkultur. Alles wichtige und spannende Themen. Gerade den letzten Teil fand ich auch nochmal interessant und hätte gern ein bisschen tiefergehend darüber gelesen und das analysiert gesehen. Die Beispiele ziehen sich zwar durch, wirklich in die Tiefe geht es aber selten. Ich glaube, dass da viel mehr Potenzial dringesteckt hätte.

Ich hatte zunächst auch ein bisschen Probleme mich in das Buch hereinzufinden, weil es mich eben von vornherein leider nicht so abgeholt hat, wie erhofft. Auch wenn Verena Bogner schon lange als schreibende Person unterwegs ist, so merkt man hier doch, dass es sich um ihr erstes Buch handelt. So ganz scheint der Text nämlich nicht zu wissen, welchem Genre er sich zuordnen soll. Vielleicht muss er das auch gar nicht, aber manchmal hatte ich das Gefühl einen Blogbeitrag zu lesen, manchmal eine Hausarbeit an der Uni, selten allerdings ein gut durchdachtes und stringentes Sachbuch. Eine von Anglizismen durchzogene Sprache und die häufigen Referenzen auf Internetkultur, beispielsweise bei Verweisen auf bekannte Memes, adressieren den Text deutlich an eine jüngere Generation von Millennials und Generation Z. Zu der gehöre ich zwar, konnte mich aber nicht ganz mit der Sprache des Buches anfreunden. Für viele ist sicher aber auch das Lesen durch den leichten und teils etwas saloppen Schreibstil einfacher. Ich würde das Buch daher wohl in die essayistische Ecke packen, trotz Quellenangaben und Expertinnenmeinungen (die mich als Referenzen eher ein bisschen gestört haben, weil sie in der Form in einen Online-Artikel, nicht aber ein gedrucktes Buch passen, und zu denen die Quellenangaben abseits von Namens- und verschiedenen Berufsnennungen fehlen). Schön ist dafür, dass das Buch mit Glossar und begleitender Playlist daherkommt.

Was ich außerdem lobend hervorheben möchte, ist, dass Bogner sich des White Privilege und White Feminism bewusst ist. Tatsächlich ist direkt der Einstieg ins Buch eine kurze Einordnung in die Perspektive der Autorin. Sie zeigt auch im weiteren Verlauf regelmäßig auf, dass die Strukturen für People of Color oder Personen, die mehrfacher Diskriminierung ausgesetzt sind, immer nochmal schwieriger sind. Intersektionalität als Stichwort findet hier also auch ihren Platz und mich hat es gefreut, dass Bogner an viele Themen daher durchaus reflektiert herangeht und auch ihre eigene Position hinterfragen kann.

An anderen Stellen hingegen schafft sie das nicht so gut. Was mich nämlich zwischendrin ein bisschen gestört hat, ist ein gewisser Universalismus, der sich durch den Text zieht. Nicht jede:r betet Beyoncé als große empowernde Songschreiberin unserer Zeit an oder dachte, dass Girlboss die Endstufe ist, die wir jüngeren Frauen erreichen sollten. Während für Verena Bogner wohl mit der Girlboss-Zeit ihre feministische Erweckung kam, ist beispielweise die einschlagende Relevanz dieses Typus an mir vorbeigegangen. Das finde ich interessant zu lesen, kann aber dann nicht viel damit anfangen, wenn gesagt wird, diese pseudo-feministische Strömung wäre ja für uns alle so einschneidend gewesen, bis sie heute wieder als überholt gilt. Ich mag eigentlich, dass das Buch so persönlich ist, aber leider kommt es dann viel zu oft zu einem von sich auf andere schließen. Wenn von „wir alle“ die Rede ist, ich mich aber eindeutig nicht mit der Aussage identifiziere, dann sorgt das beim Lesen schon für Irritation. An ein paar Formulierungen hätte also hier und da nochmal gefeilt werden können (und damit meine ich auch sowas wie, dass „Sinn machen“ vorkommt, was wir zwar alle sagen, aber von dem wir eigentlich wissen, dass es im Deutschen nicht korrekt ist und daher meiner Meinung nach in einem lektorierten Buch nichts zu suchen hat).

Fazit

Menschen, die sich noch nicht viel mit feministischen Themen auseinandergesetzt haben, kann das Buch sicher viel mehr Denkanstöße geben als mir. Mir hat es leider nicht viel Neues erzählt und ich hatte ein bisschen mehr Erwartung, was ich vielleicht noch aus dem Buch mitnehmen kann. Was nicht heißt, dass mich das Buch nicht zu ein paar Gedanken meine eigene Arbeitswelt betreffend angeregt hat und es einen guten Einstieg für Gespräche auch mit in diesen Themen schon bewanderten Menschen geben kann. Leser:innen, die sich zum ersten Mal Gedanken machen, wie das Patriarchat auch die Arbeitswelt prägt, lernen aus dem Buch dafür sicher einiges. Auch wenn ich finde, dass dazu ebenfalls etwa dringend die Boomer-Generation gehören sollte, denke ich, dass aufgrund des Schreibstils das Buch doch eher für eine jüngere Zielgruppe geeignet ist. Falls also jemand Interesse an dem Buch hat, gebe ich mein Exemplar gerne weiter.

Danke an den KiWi-Verlag für das Rezensionexemplar. Not Your Business, Babe! ist dort am 11.01.2024 erschienen.

Wir als Populärkollektiv hatten uns auch vor einiger Zeit schon mal in einem Gemeinschaftsbeitrag mit dem Thema Arbeitswelt befasst, lest den gerne hier.

Beitragsbild: Kim/Populärkollektiv

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