Das Populärkollektiv und die Arbeitswelt

Wir haben unseren Blog vor drei Jahren gestartet. Damals waren wir noch Studentinnen während unseres Masters. Mittlerweile sind wir alle im Berufsleben angekommen und damit auch irgendwie in einer anderen Welt. Wir wollen euch an unseren Gedanken zur Arbeitswelt teilhaben lassen und beleuchten passend zum Tag der Arbeit einige Dinge, die uns beschäftigen.

Arbeit als Identitätskrise

Als Kind war meine Idee von Arbeit recht simpel: Das ist etwas, was man gut kann und deshalb bekommt man Geld dafür. Die Vorbilder in meiner akademisch geprägten Familie waren Berufe wie Lehrer:in, Jurist:in, Hochschulprofessor:in, Künstler:in. Diese Arbeitsbilder gehen oft mit einer hohen Selbstidentifikation einher. Mir wurde vorgelebt, dass Arbeit zu gewissem Maße Ausdruck der eigenen Person ist und so weit wie möglich mit dem Selbstbild übereinstimmen sollte. In meiner kindlichen Perspektive war mir nicht klar, dass mir das später mal Probleme bereiten könnte.

Einige Nebenjobs und zwei Vollzeitjobs später hat sich das etwas geändert: Bis heute ist mein Verhältnis zu meinem Hauptverdienst angespannt, weil ich immer zwischen den Polen „Arbeit als Berufung“ und „Arbeit als Brotverdienst“ schwanke. Ein anderthalbjähriger Ausflug in eine Agentur zermalmte nicht nur einen großen Brocken meines Selbstvertrauens, sondern zeigte mir auch, dass ich von meinem Ideal der „Arbeit als Berufung“ nicht wegkomme. Beim besten Willen konnte ich mich nicht mit der Arbeit in der Agentur identifizieren und war deshalb frustriert und unglücklich. Jetzt arbeite ich in einem Umfeld, das sich gut mit meinem Selbstbild vereinen lässt. Hier stehen andere Schwierigkeiten im Vordergrund: Permanent ist zu viel zu tun und ich lebe wegen befristeter Verträge in andauernder liminaler Planungs-Unmöglichkeit. Die Grenzen zwischen Arbeitsbeginn und -ende, zwischen Kolleg:innen und Freund:innen, zwischen Arbeitsauftrag und freiwilligem Interesse verschwimmen.

Auf allgemeiner Ebene verweist dieses Verschwimmen von Bereichen darauf, dass es manchmal schwer zu sagen ist, was genau eigentlich Arbeit ist. Viele kennen den aktuellen Diskurs über Care-Arbeit, der darauf aufmerksam macht, dass das Erziehen von Kindern oder Pflegen von Angehörigen auch als Arbeit (nur eben nicht bezahlt) verstanden werden kann und sollte. Aber auch andersherum ist es manchmal gar nicht so leicht: Wenn ich etwas gerne mache, ist es dann noch Arbeit? Wenn ich mir die Arbeit frei von Zwang selber aussuche, weil ich es gerne mache und es meinem Selbstbild entspricht, ist es dann noch Arbeit? Manchmal dreht sich mir der Kopf von so viel unvereinbaren Widersprüchen und für einen Moment erscheint mir ein Leben als schicksalsergebener, mittelalterlicher Schuster vielversprechender als die unübersichtliche Gegenwart. Aber dann erinnere ich mich, dass ich im Mittelalter vermutlich ein trauriges Dasein als arme Dienstmagd gefristet hätte, die mit viel Glück „erst“ mit 45 an Pest oder Cholera gestorben wäre. So bleibe ich dann doch lieber bei meiner Identitätskrise und arbeite nur dann, wenn mich jemand dazu verpflichtet.

Mut gegen strenge Hierarchien

Handlungsanweisungen befolgen, Aufgaben erledigen oder sich an Regeln Anderer halten – das erste Mal stellte ich Hierarchien infrage, als ich noch ein kleines Mädchen war. „Wir gehen in Zoo, weil deine Brüder, das gern wollen, morgen machen wir dafür etwas, was dir gefällt.“ Meine Eltern waren immer bemüht, die Fairness zu betonen. Schon früher verstand ich zwar die Gründe, in meinem Bauch hinterließen einige Entscheidungen meiner Eltern trotzdem ein Unwohlsein. Klar ist es nur fair, trotzdem würde ich doch lieber selbst entscheiden, wie ich nun handle. Die innere Unruhe erkenne ich heute im Arbeitskontext wieder, wie ein Déjà-vu.

Ich frage mich: Brauchen wir Hierarchien auf der Arbeit?

Diese Frage kann ich nur aus meiner Perspektive als Redakteurin beantworten. Nur kurz zur Erklärung: Bei mir auf der Arbeit gibt es vergleichsweise flache Hierarchien. Der Chef vom Dienst (CvD) gibt mir Anweisungen und erstellt die Fernsehsendung. Ich bringe zwar Ideen mit ein, wir diskutieren über die Inhalte und besprechen die bestmögliche Herangehensweise, das letzte Wort hat jedoch der CvD, der oder die in der Rangordnung unter dem Nachrichtenchef steht.

Bei einem gruppendynamischen Prozess entsteht aus meiner Perspektive schnell die Suche nach einer Führungsperson. Das liegt zum einen daran, dass nicht jede:r gern selbst Verantwortung übernimmt oder Führungsqualitäten mitbringt und zum anderen daran, dass Menschen sich wohler fühlen, wenn sie ihre eigene Rolle und die des Umfelds zuordnen können. Wer sich besser durchsetzen kann, die eigenen Entscheidungen nachvollziehbar macht, der oder die nimmt oft eine höhere Position ein. Aber bleibt die Frage: Funktionieren Gruppen sonst nicht?

Ich glaube, es braucht vor allem Mut und Vertrauen, die gewöhnlichen Strukturen nicht entstehen zu lassen. Gibt es von Menschen, in höheren Positionen die Freiheit, Hierarchien zu lockern, neu zu denken und andere Strukturen auszuprobieren, ist das ein Motor für mögliche Innovationen? Aus meiner Erfahrung haben flache Hierarchien immer dafür gesorgt, dass sich die Menschen mehr einbringen, sich mehr verantwortlich und als Teil der Gruppe identifizieren. Wenn es keine gedanklichen Mauern gibt, beispielsweise durch Verbote und Anweisungen, gibt es mehr Platz, sich selbst einzubringen. Das anfangs beschriebene Unwohlsein bezüglich der Fremdbestimmung hat sich bei mir verkleinert, umso mehr Vertrauen zum selbstständigen Arbeiten und Entscheidungsmacht mir zugesprochen wurde.

Flache Hierarchien bedeuten nicht Strukturlosigkeit. Das Gegenteil kann oft der Fall sein: Je flacher die Rangordnungen, desto konkreter müssen Strukturen innerhalb der Gruppe festgelegt werden, damit die oder der Einzelne genau weiß, was sie oder er zu tun hat. Gleichzeitig können die Strukturen schneller und einfacher wieder verändert werden und es gibt mehr Raum sie infrage zu stellen.

Am Ende ist es nicht eine:r, die oder der von oben die Umgangsregeln vorgibt, sondern entstehen bei flacheren Hierarchien aus dem Team heraus. Das stärkt das Wir-Gefühl und erhöht die Akzeptanz. Das Team teilt sich die Verantwortung. Dadurch fühlen sich einzelne Teammitglieder stärker bei Entscheidungen involviert, identifizieren sich mehr mit dem Ergebnis und sind eher bereit, Veränderungen mitzutragen.

Die schwindende Arbeitsmoral der Millennials

Ich mag meinen Job. Ich arbeite im Marketing und habe mir ein Studium und einen Beruf ausgesucht, die zu meinen Interessen und Fähigkeiten passen. Ich weiß, dass ich mich dahingehend glücklich schätzen kann. Ich mag allerdings auch viele andere Dinge neben meinem Job: Lesen, Reisen, Kochen, Freund:innen treffen, Filme und Serien gucken, meine Zimmer- und Gemüsepflanzen, Feminismus, etc. Die Liste an Dingen, die mich interessieren, ist lang. Nichts davon möchte ich fünf Tage die Woche, acht Stunden am Tag tun. Manchmal habe ich das Gefühl, einen Vollzeitjob, Haushalt, Sport, Hobbys und soziale Kontakte gleichzeitig zu jonglieren ist unmöglich. Und ich habe nicht einmal Kinder. Boomer würden mich jetzt wahrscheinlich als weinerlich und faul bezeichnen, denn die schwindende Arbeitsmoral von Generation Y und Z wird kritisiert. Arbeitgeber:innen fordern wieder „Mehr Bock auf Arbeit“ und längere Arbeitszeiten, während sich immer mehr Berufstätige seelisch erschöpft fühlen.

Eine junge Frau sitzt auf dem Boden und hat einen Laptop auf dem Schoß.
Bildquelle: Unsplash / creativechristians

Ein Ansatz könnten andere Arbeitszeitmodelle wie die vier-Tage-Woche sein. Anfang des Jahres war die bislang größte Studie zu dem Thema in aller Munde: 61 britische Unternehmen haben das Modell getestet. Das Ergebnis: Die Mitarbeitenden sind ausgeruhter, motivierter und fehlen seltener – Überraschung! 56 der Unternehmen haben nach der Studie mitgeteilt, dass sie die vier-Tage-Woche beibehalten wollen. Das machen die Unternehmen natürlich nicht aus Großherzigkeit, wir leben schließlich immer noch im Kapitalismus. Die vier Tage sind sowohl für die Gesundheit und das Wohlbefinden der Arbeitnehmer:innen als auch für den Umsatz der Unternehmen besser.

Natürlich ist mir klar, dass es so einfach nicht ist. In einem Bürojob wie meinem wäre es ohne weiteres möglich, eine 4-Tage-Woche vermutlich ohne Verluste einzuführen. Im Einzelhandel oder der Pflege ist das nochmal etwas ganz anderes. Eine Anpassung des Arbeitsmodells würde hier sogar zur Verschärfung des Fachkräftemangels führen und wäre schlichtweg nicht umsetzbar. Dass die Situation in Bereichen wie der Pflege aktuell untragbar ist, steht natürlich nicht zu Diskussion. Hier ist politische Intervention notwendig, um diesen Notstand zu lösen.

Ein neues Arbeitsgefühl

Auf der Arbeit werde ich gerade immer wieder mit Unverständnis für die junge Generation konfrontiert. Ich bin an der Grenze zwischen Millennial und Gen Z, eigentlich zu alt, um wirklich als Gen Z zu zählen, doch mit dem Verständnis von Arbeit der Gen Z identifiziere ich mich sehr. Bei uns in der Firma hören junge Leute gerade auf, wenn es zu stressig wird. Sie schlagen angebotene Stellen aus, auch wenn sie keine Alternative haben. Das scheint auf viel Unverständnis bei älteren Generationen (und auch Millennials) zu stoßen. Da heißt es: Wir hatten früher keine Wahl, wir mussten das dann nehmen. Hart erarbeitetes Geld. Die Gen Z will wenig leisten und viel bezahlt werden. Ich sitze währenddessen da und denke darüber nach, dass ich gerade noch gefragt hatte, ob ich nicht nur vier Tage oder Gott bewahre, Teilzeit arbeiten kann und darauf zu hören bekommen habe: Wieso? Du bist doch noch jung.

Ich mag das neue Arbeitsgefühl. Der klassische Spruch: Leben, um zu Arbeiten oder Arbeiten, um zu Leben schlägt wieder an bei der jungen Generation. Ich will Arbeiten, um zu Leben, nicht andersherum. Wer weiß, wie lange wir noch haben, da möchte ich in meinen jungen Jahren lieber weniger Geld haben und dafür mehr Zeit. Lieber arbeite ich außerdem in einem Job der mir gefällt, als in einem, der viel Geld bringt. Und bevor ich weinend von der Arbeit komme, Burnout entwickle oder meine Woche hasse, arbeite ich lieber zwischenzeitlich gar nicht, auch wenn das Ungewissheiten mit sich bringt. Schließlich ist gerade ✨Fachkräftemangel ✨ und der nächste Job lässt auch nicht lange auf sich warten.

Und während den Arbeitnehmer:innen dann Quiet Quitting vorgeworfen wird, versuchen Arbeitgeber:innen immer mehr aus ihren Firmen zu quetschen, das nennt man dann Quiet Hiring. Ihr jetzt so: Halt stop?! Was ist denn das?

Quiet Quitting ist der neudeutsche Begriff dafür, dass man nur so viel arbeitet, wie nötig ist. Man steckt nicht mehr Stunden, Sorgen und Anstrengung in den Job, als dazu gebraucht wird, um solide Arbeit abzugeben. Man erledigt seinen Job – aber auch nicht mehr. Das wird gerade viel von Arbeitgeber:innen moniert. Aber während einige Quiet Quitting als Schandwort verwenden, sehen es andere als valide Arbeitsweise. Und wie ihr gerade vielleicht erahnen konntet, ich auch.

Es gibt nämlich auch die Kehrseite dieser Medaille und das ist eben erwähntes Quiet Hiring. Das bezeichnet das Umbesetzen oder Umschichten von Arbeiten auf bestehendes Personal. Wenn also eine Person geht, die Stelle aber nicht nachbesetzt wird und die Aufgaben fortan auf die Mitarbeitende geschoben wird, dann ist das Quiet Hiring. Besonders „schön“ wird es, wenn eine Führungskraft wegfällt und jemand aus dem Team die Aufgabe ausfüllt, ohne auch nur den Titel, geschweige denn, zu bekommen. Hab ich erwähnt, dass man das zusätzlich zu seinen bisherigen Aufgaben übernimmt?

Gerade, wenn ich solche Geschichten aus der Arbeitswelt höre, steigt mir der schale, kalte Schweißgeruch des Spätkapitalismuses in die Nase und ich bin beeindruckt von den Arten und Weisen, wie perfide auf den Rücken der Mitarbeitenden Profit gemacht wird. Dann lehne ich mich umso mehr in meinem Quiet Quitting-Sessel zurück und schlürfe meinen kostenlosen Kaffee aus der Unternehmensküche. Wenigstens gibt es noch kostenlosen Kaffee.

Sinnhaftigkeit als Entlohnung

Über uns Millennials und Gen Z wird sich ja gerne von gewissen Seiten beschwert, dass wir gar nicht mehr richtig arbeiten wollten und würden und überhaupt viel zu hohe Ansprüche an Arbeit hätten. Wir wollen Flexibilität und interessante Inhalte und das Ganze noch möglichst gut bezahlt, wie können wir es wagen! Einfach nur arbeiten, um Geld zu verdienen, ist vielen – und zu denen zähle ich mich – schlicht zu wenig. Viele von uns suchen eine Sinnhaftigkeit in ihrem Job, sie wollen etwas bewirken. Und nebenbei würden wir gerne den menschengemachten Untergang der Welt verhindern.

Sinnhaftigkeit definiert wahrscheinlich jede:r für sich anders. Aber für sehr viele heißt es vermutlich: etwas Gutes tun, Menschen helfen, die Welt verbessern. Und das ist gar nicht mal so einfach. Einige verstricken sich dabei in der eigenen Nobilität bis hin zur Selbstaufgabe. Vielfach ist das Problem, dass das Wohl anderer dann über das eigene Wohl gestellt wird. Wie oft hört man in entsprechenden Jobs: „Boah, was du da machst, könnte ich nicht.“

Es ist oft gar nicht einfach, das richtige Maß zu finden zwischen „Jobs, die der Welt guttun“ und „Jobs, die mir guttun“. Hinzukommt, dass man sich ja in einigen dieser Berufsfelder anmaßt zu sagen, man wüsste, was anderen Menschen oder der Welt guttut. Auch da eine Balance zu finden und in entsprechenden Macht- und Gesellschaftsdynamiken zu agieren, ist gar nicht so leicht. Und überhaupt „Welt verbessern“, „Menschen helfen“… was soll das denn heißen?

Zu sehen sind viele Hände, die ein rotes Herz formen
Bildquelle: Unsplash / timmarshall

Und natürlich sind solche Jobs großteils wahnsinnig schlecht bezahlt. Dass Pflegekräfte und soziale Berufe um jeden Euro kämpfen müssen, während Bankmanager:innen die Millionenboni ausgeschüttet bekommen, ist ganz klar unfair. Auch in der Entwicklungszusammenarbeit und humanitären Hilfe setzt man Projekte im Millionenbereich um oder muss um Fördergelder betteln, um Tausenden zu helfen, und bekommt dabei selbst einen Stundenlohn, der nicht sehr viel höher als Mindestlohn ist.

Die Sinnhaftigkeit als eigentliche Entlohnung des Jobs ist wohl häufig das Konzept. Denn natürlich arbeiten dann in solchen Berufen auch die Leute, die eben nicht jeden Preis für die Karriere zahlen. Die Leute, die eben nicht auf Kosten anderer vorankommen wollen, sondern eher im Gegenteil dafür zahlen, in welcher Form auch immer, um anderen zu helfen. Und leider verkauft man sich selbst dabei sehr häufig unter Wert, weil es in unserer Gesellschaft nicht anders geht.

Was soll denn bitte eigentlich falsch daran sein, einen Job mit Sinn zu wollen, für den man nicht sein ganzes restliches Leben und sich selbst aufopfern muss, aber dafür anständig bezahlt wird? Ganz ehrlich, gefühlt die Last der Welt zu tragen, ist schon ganz schön anstrengend, da könnte man wenigstens auch ein ordentliches Gehalt bekommen.

It’s a men’s world

Ich erlebe die Arbeitswelt vor allem als Spielplatz der Alphatiere. Der Großteil der wichtigen Entscheidungsrollen und Führungsgpositionen ist in fester männlicher Hand – natürlich meist weiße alte Cis-Männer (Boomer-Alarm), die vieles schon immer so gemacht haben und junge Menschen – vor allem Frauen, die egal wie gut ausgebildet sie sind, als inkompetent wahrnehmen. Und so erlebe ich es oft, dass ein alter Thomas einen etwas jüngeren Thomas in den Vorstand holt und es mehr Michaels als Frauen in Führungspositionen gibt. Care-Arbeit oder Teilzeit wird belächelt. Nur wer acht oder mehr Stunden am Schreibtisch – bevorzugt natürlich im Büro – sitzt, erbringt Leistung. Homeoffice, 4-Tage-Woche oder Co. werden von den Alphatieren nicht ernst genommen. Sie mussten sich ihren Platz schließlich auch erst erkämpfen, warum sollte man es jungen Menschen also einfach machen?

Die Idee der weißen Männer, die Markus Lanz, Richard David Precht und Ulf Poschardt verehren, Verbrennermotoren lieben (weil nur arme Leute Bahn fahren) und ihr Kreuzchen bei Wahlen natürlich bei der FDP machen, sehen die Lösung des Fachkräftemangels in der 42-Stunden-Woche. Warum sollten wir auch auf die Bedürfnisse von Arbeitnehmer:innen eingehen, um Arbeit attraktiv zu machen? Die Leute sollen mehr arbeiten, dann brauchen wir auch weniger Fachkräfte. Ergibt Sinn in der Arbeitswelt der altern weißen Männer… in allen anderen Welten eher nicht!

Ich bin neulich an der Kölner Uni vorbeigelaufen und bei einer bedruckten Baustellenfassade stehen geblieben. Ich stand Kopfnickend vor diesem Spruch: „Solange wir uns Beulen an gläsernen Decken holen, bin ich Feministi:in“. Gerade diese unsichtbaren gläsernen Decken, durch die viele Frauen nicht durchkommen, frustrieren mich in der Arbeitswelt sehr. Es wird Zeit für einen Wandel! Und das nicht nur aus meiner subjektiven Wahrnehmung heraus: Viele wissenschaftliche Studien zeigen, dass diverse Teams und diverse Führungskräfte, die sich in Geschlechtern, Alter, Herkunft, Ausbildung und Co. unterscheiden, erfolgreicher, kreativer und motivierter sind. Liebe Alphamänner, zieht bitte keine Mini-Me’s von euch heran, sondern öffnet auch anderen die Tür.

Was bei der Arbeit wirklich wichtig ist

Die richtige Arbeit für sich zu finden, ist schwer. In den anderen Texten wurde schon ausgiebig darüber diskutiert, wie sinnstiftend oder leidenschaftlich diese sein sollten oder auch nicht. Ich denke mir nach gefühlt hunderten von Jobs, dass die Tätigkeit an sich eigentlich egal ist. Die meisten Jobs müssen halt erledigt werden. Ich habe letztens eine Serie gesehen, wo die Protagonistin ihren Job gewechselt hat und ich dachte mir nur so: „Oh Honey, du hast noch nie irgendwo anders gearbeitet, sonst würdest du dieses Arbeitsumfeld und vor allem diese Chefin nicht verlassen“.

Was ich für mich festgestellt habe ist, dass jede (oder die meiste) Arbeit gut zu erledigen ist, wenn das Arbeitsumfeld stimmt. Damit meine ich zum einen eine tolle Kollegschaft. Workbesties sind einfach essenziell. Mit ihnen wird die langweiligste Arbeit spannend. Das gilt ebenfalls für Kolleg:innen, die einfach so Süßigkeiten mitbringen. Das ist nicht nur für mein persönliches Wohlergehen gut, sondern tatsächlich auch für meine Arbeit. Bei einem Geburtstag zusammen anstoßen und Kuchen essen während der Arbeitszeit, nenne ich auch eine klare Teambuildingmaßnahme, die niemand unterschätzen sollte.

Zum anderen ist mir ein Aspekt sehr wichtig, der leider nicht allzu oft vorkommt. Es braucht gute Vorgesetzte. Es gibt die einen, die merkt man kaum – auch ok. Dann gibt es die, die alle immer auf dem Schirm haben, weil sie einfach keine Führungsqualitäten haben. Nein, nur weil du Chef bist, hast du nicht automatisch Recht! (Absichtlich nicht gegendert!) Und dann gibt es die, wo man merkt, dass sie sich mit ihrer Verantwortung auseinandersetzen und eventuell sogar Trainings dazu besuchen. Wait, what? Ja, es ist möglich. Denn es ist ja auch klar, dass man das Vorgesetzendasein lernen muss. Wie kommuniziere ich richtig? Wie gehe ich mit Konflikte um? Wie kritisiere ich konstruktiv? Wie motiviere ich meine Mitarbeitenden? Wie viel Verantwortung gebe ich ab? Fragen, die sich alle Chef:innen da draußen mal stellen sollten, um das Arbeitsumfeld zu verbessern. Dadurch fühlen sich die Mitarbeitenden wohler, was sich letztendlich auch in der Arbeit widerspiegelt. Ich will jetzt eigentlich nicht die sein, die euch in der Comfortzone festhält, aber angenehme Arbeitsumfelder sind leider nicht so häufig, also überlegt es euch gut, ob der Wechsel es wirklich wert ist. Denn der beste Job der Welt bringt nichts, wenn man mit niemanden den Workgossip teilen kann.

Beitragsbild: Unsplash / martenbjork

Ein Gedanke zu “Das Populärkollektiv und die Arbeitswelt

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