Als Feminist:in unserer Generation kam man an Sophie Passmann kaum vorbei. Genau passend zu diesem Beitrag gab es letzte Woche erstmal nach einem Interview einen Shitstorm für sie, den ich aber an dieser Stelle nicht aufarbeiten möchte. Erstens habe ich ihn nur oberflächlich verfolgt und möchte daher hier auch nichts zu einer Debatte, von der ich keine Ahnung habe, beitragen, und zweitens ist Sophie Passmanns Definition von Feminismus nicht entscheidend für diesen Blogbeitrag. Außerdem finde ich, das Thema „White Feminism“ würde wenn eine sehr viel detaillierte Beleuchtung verdienen als nur am Rande einer anderen Thematik. Ein bisschen ironisch ist allerdings die aktuelle Situation doch, denn heute geht es um die Serie Damaged Goods.
Außer bekanntes und umstrittenes Sprachrohr einer jüngeren Feminismus-Generation ist Sophie Passmann unter anderem auch Autorin (Alte Weiße Männer, Komplett Gänsehaut, ich war von beiden eher enttäuscht), Podcasterin (leider inzwischen nur exklusiv für Audible, da ich keine Lust hab, noch mehr Streamingdienste zu zahlen, kann ich dazu nix sagen), Kolumnistin beim Zeit-Magazin (meistens auch hinter einer Paywall, kann ich also auch nicht viel zu sagen) und natürlich sehr aktiv auf Social Media. Ihre Wochenrückblicke auf Instagram schaue ich mir jedenfalls immer noch gerne an. Etwas erstaunt war ich, als vor einigen Monaten dann von ihr das Geheimnis gelüftet wurde, dass Sophie Passmann nun auch unter die Schauspielerinnen gegangen ist. Sie spielt die Hauptrolle in der neuen Amazon Prime-Serie Damaged Goods. Da war natürlich mein Interesse geweckt und seit 11.07. ist sie nun endlich verfügbar.
Worum geht es?
Schauplatz München. Im Zentrum steht eine Gruppe von Freund:innen, die sich in ihrer Jugend in der gemeinsamen Gruppentherapie kennengelernt haben und seitdem durch alle Höhen und Tiefen gehen… und von denen gibt es viele in der Serie. Nola (Sophie Passmann) wurde leider gerade von der Uni geschmissen und stellt, wie alle von uns Post-Uni, erstmal ihr ganzes Leben in Frage. Ihre beste Freundin und Mitbewohnerin Hennie wurde hingegen gerade befördert, traut sich aber nicht Nola zu sagen, dass sie zu ihrem Freund ziehen wird. Künstlerin Tia verkauft für viel Geld endlich eine ihrer Skulpturen, mit der sie leider, bevor der Käufer sie abholen kann, einen kleinen Unfall hat. Hugo hat das Gefühl, dass die Männer ihn nicht ernst nehmen und nur mit einem homosexuellen Klischee schlafen wollen. Und Mads‘ One-Night-Stands bewerten ihn untereinander und geben ihm dabei nicht die höchste Punktzahl (er hat eindeutig an dieser Stelle von den Freund:innen das schlimmste Schicksal). So viel zumindest zu den Einführungen der Charaktere zu Beginn, letztendlich tauchen jede Folge neue Probleme und Herausforderungen auf. Die Rahmenhandlung bildet der Podcast „Damaged Goods“, den Nola startet und in dem sie von dem Privatleben ihrer Freund:innen erzählt… allerdings bedauerlicherweise eben ohne deren Wissen. Dass das problematisch wird, ist von vornherein klar.
I’ll be there for youuuu
Wir haben also fünf Freund:innen in ihren Zwanzigern und unter anderem eine WG als Schauplatz. Moment Mal, das kommt mir doch seltsam bekannt vor… Ja natürlich ist das das Konzept von Sitcoms wie Friends oder How I Met Your Mother, nur eben als Dramedy-Serie neuaufgelegt in Deutschland und der Millennial-Generation. Dass ein Podcast zentrales Element ist, ist ja auch absolut zeitgemäß. Insgesamt ist die Serie deutlich ein Produkt der aktuellen Zeit (minus Corona), aber daran habe ich absolut nichts auszusetzen. Tatsächlich war mein erster Impuls, nachdem ich die erste Folge gesehen hatte, dass ich jetzt auch gerne mit Freund:innen beim gemeinsamen Essen am Tisch sitzen und die eigenen Probleme durchsprechen möchte. Die Charaktere der Serie, die ja alle „damaged“ sind, wachsen einem durchaus ans Herz. Der Zusammenhalt untereinander ist auch eindeutig das tragende Element dieser Serie. Ansonsten wird mit Handlung nur so um sich geschmissen. Natürlich muss auch in gerade mal 8 halbstündigen Folgen sehr viel komprimiert werden, aber ich hätte mir oft doch etwas mehr Tiefe für einzelne Handlungsstränge gewünscht. Denn es werden durchaus wichtige Themen eingebracht, von Sexualität und verschiedenen Lebensentwürfen über Vaginismus, Endometriose und Geschlechtskrankheiten hin zu Verarbeitung von Trauma und therapeutischen Ansätzen. Leider bleiben aber die Themen oft so oberflächlich und kurz abgehandelt und es passiert so viel anderes dann wieder, dass ich sie vergesse.
Auf jeden Fall instagramtauglich
Die Figuren von Damaged Goods balancieren auf einem schmalen Grat, auf dem sie mir mal ziemlich auf die Nerven gehen und dann doch wieder auch berühren. Manchmal ist mir alles doch etwas over the top und die Ausraster und Plottwists zu vorhersehbar. Zwischendrin hören sich Sätze ein bisschen zu sehr so an, dass sie auch unter Instagramposts zur Lebensfindung stehen könnten, und ästhetisch passt die Serie auch gut auf diese Plattform. Wie gesagt, alles sehr zeitgemäß. Vom Podcast hingegen bekommt man außer gelegentlichem Voice-Over von Nola (was sich eben eher nach Film-Voice-Over als Podcast anhört) und einigen Shots von ihr mit Kopfhörern und Mikrofon nicht viel mit, auch wenn er handlungstechnisch natürlich unverzichtbar ist. Ich finde, hier wurde eindeutig Potenzial verschenkt. Es bleibt immer etwas diffus, woher genau der Erfolg des Podcasts kam und wie groß er ist. Tatsächlich bekommen die Dating-Apps, die die Charaktere nutzen, gefühlt mehr Screentime als der Podcast als Medium. Lobend herausstellen möchte ich aber, dass mir Sophie Passmann als Schauspielerin wirklich gut gefallen hat. Man nimmt ihr die Rolle ab, was, wie sie selbst in einem Interview gesagt hat, vielleicht auch daran liegt, dass sie viele Ähnlichkeiten haben. Ich kann mir also gut vorstellen, dass wir statt politischer Takes demnächst auch noch mehr von Sophie Passmann als Schauspielerin sehen werden. Natürlich sei außerdem erwähnt, dass auch wenn es mir wie so häufig bei deutschen Produktionen manchmal etwas zu eindeutig Schauspiel ist, die Leistungen aller Beteiligten überzeugend sind. Wie gesagt, während die Handlung einem zwischendrin nur so um die Ohren gehauen wird, tragen die Charaktere und ihre Beziehung untereinander die Show.
Fazit
Damaged Goods ist eine Serie, die man sehr gut an ein paar Abenden durchschauen kann. Ich muss allerdings sagen, dass sie mir wahrscheinlich nicht lange nachhängen wird. Dafür bleiben Figuren und Handlung doch zu oberflächlich und haben zu wenig Zeit bekommen, sich tiefergehend zu entwickeln und bei Zuschauer:innen wirkliche Bindung aufzubauen. Ich denke aber, dass da durchaus noch Potenzial drinsteckt und eine eventuelle zweite Staffel etwas mehr Tiefe bringen kann. Wenn ihr euch also lieber mal die Probleme von ein paar urbanen, durchaus liebenswürdigen, aber teils überdramatischen Millennials statt eurer eigenen geben wollt, dann schaut euch Damaged Goods an.