Habt ihr schon „Heartstopper“ gesehen? Die Netflix-Serie basiert auf Webcomics/Graphic Novels von Alice Oseman und ist bei Publikum wie Kritiker:innen sehr beliebt. Es ist eine Coming-of-Age-Geschichte über den ruhigen, liebevollen und gerade geouteten Teenager Charlie auf einer britischen Jungenschule. Hier muss er zwischen geheimen Boyfriends, miesen Bullys und komplizierten Freundschaften durch die Pubertät navigieren. Ich war sofort Hals über Kopf in die Serie verliebt. Eigentlich bin ich aktuell sehr misstrauisch, was Filme und Serien angeht, die ich nicht kenne. Ich habe immer für Befürchtung, dass ich meine wertvolle Zeit verschwende. Aber „Heartstopper“ wollte ich eine Chance geben und, oh boy, kann ich mich Kritiker:innen und Publikum anschließen. Ich liebe diese kurze, simple und doch überraschende Serie mit meinem ganzen Herzen. So viel zu meinem Eindruck von der Serie.
Aufmerksame Leser:innen unseres Blogs werden außerdem wissen, dass ich ähnliche, rückhaltlose Gefühle für die Bücher von Terry Pratchett hege. Dieser Mann hat es in seiner Lebenszeit fertiggebracht, eine fantastische Welt mit uns zu teilen, die selbst (Achtung, jetzt kommt eine kontroverse Meinung) Mittelerde in den Schatten stellt. Seine Geschichten der Schattenwelt über Hexen, Kobolde, Stadtwache, Zauberer und alles, was dazwischen kreucht und fleucht, erwärmen mein Herz genauso.
Jetzt werdet ihr sagen: Okay, aber warum ist das einen Artikel wert? Das Venn-Diagramm zwischen diesen beiden Subjekten (die ja noch nicht mal auf den gleichen Medien basieren) scheint ja nur eine Überschneidung zu haben:

Abgesehen von meiner Liebe für sie sind die beiden nämlich wirklich unterschiedlich. Schon wie gesagt allein das Medium: „Heartstopper“ sind Webcomics/ Graphic Novels turned Serie und Terry Pratchetts Bücher sind – offensichtlich – vor allem Bücher. Es gibt auch einige Filme und eine Serie („Good Omens“), aber in erster Linie sind es Romane, ohne Bilder und nur mit ganz vielen Buchstaben. Außerdem spielt „Heartstopper“ in der realen Welt auf der Erde, mit nichts Übernatürlichen. Die Geschichten um die Scheibenwelt spielen in einer imaginären Welt, die unserer nicht unähnlich ist, aber wo eben auch Magie verwendet wird und regelmäßig mit dem Tod geredet und Schach gespielt wird. „Heartstopper“ ist eine Coming-of-Age-Geschichte, während es die zwar auch bei Terry Pratchett gibt, sie aber nur einen Teil der Stories ausmachen und selbst in den Geschichten mit Teenagern (z.B. mit Tiffany Weh) geht es die meiste Zeit um ein Abenteuer und weniger um’s Erwachsen werden. Dafür bleibt in Pratchetts Büchern sehr wenig Zeit und die Protagonist:innen müssen ziemlich schnell verantwortungsbewusst handeln, um die Welt zu retten.
Ganz offensichtlich scheinen das ganz und gar unterschiedliche Geschichten zu sein. Ganz und gar unterschiedlich? Nicht ganz. Eine kleine Gemeinsamkeit gibt es nämlich doch: Beides, „Heartstopper“ und Terry Pratchetts Bücher, sind unglaubliche Feel-Good-Geschichten. Egal, wie böse die Antagonisten und in manchen Fällen auch einfache Bystander in den Geschichten sind, irgendwie lässt es sich auf meistens auf eine liebenswerte Dummheit, Ignoranz oder Angst zurückführen. Und wenn Leute mal „wirklich böse“ sind, dann sind die Protagonist:innen mit einer gehörigen Portion Mut fähig, sich den Bösen zu stellen, ihnen die Meinung zu sagen und können sie so in ihre Schranken weisen. Bei „Heartstopper“ hat mich die Darstellung der Rolle Nick so überrascht, weil sie es hinbekommen einen absolut ethisch handelnden Charakter zu schreiben, der es schafft, immer nach seinen Prinzipien zu gehen. Auch bei Terry Pratchett gibt es zum Beispiel mit den Hexen solche Charaktere. Auch das ist so ermutigend zu sehen. Und egal, wie groß die Aufgaben sind, in beiden Welten schaffen die Protagonist:innen es am Ende, das Richtige zu tun und über sich hinauszuwachsen. So gewinnt am Ende immer das Gute, die Lieben, die Rechtschaffenen und die Welt scheint wieder ein heiler Ort.
Das haben beide Geschichten gemeinsam: Sie zeichnen unsere Welt als eine, in der man verzeihen kann, in der die Bösen auch nur Menschen sind und wo man in jeder noch so schweren Situation trotzdem noch einen Witz und einen Ausweg findet. Das sind Welten, die uns Hoffnung fürs eigene Leben geben und den Alltag etwas bunter malen, als er manchmal erscheint. So schafft es sowohl „Heartstopper“ mit seinen verspielten, kartoonigen Mini-Animationen von Emotionen und Terry Pratchetts Art, mondäne Tätigkeiten und ihre Ausführungen in der Scheibenwelt extrem genau zu beschreiben, immer wieder, einem ein Lächeln aufs Gesicht zu zaubern.
Was ich damit eigentlich sagen will… Wenn die Zeiten ungewiss sind, wenn man wegen inneren oder äußeren Umständen gerade nicht weiß, wie das Leben weitergehen wird, dann hilft uns dieser „Comfort Consume“ dabei, die unkontrollierbare Welt da draußen und in uns drinnen ein bisschen besser auszuhalten. Auch wenn es viel „Comfort Consume“ in der Welt zu finden gibt, so gut zu zeigen, wie gut die Menschen sein können und wie viel Hoffnung man haben kann, zeigt neben diesen beiden Kulturgütern meiner Meinung nach wenig. Wenn ihr euch also gerade auch etwas verloren fühlt, schaut euch doch mal „Heartstopper“ an oder schnappt euch ein Terry Pratchett-Buch. Manchmal sieht man durch ein Buch oder eine Serie erst, wie bunt das eigene Leben sein kann. 🙂
Titelbild: Eine Collage aus Heartstopper/Netflix, NASA, Paul Kidby