Die Queen beim Friseur, Trump mit den Miss Amerikas, Obama in Denkerpose mit Zigarette in der Hand, Kim Kardashian im Pool: Unter dem Titel “Truth is Dead“ werden gerade die Fotografien von Alison Jackson in NRW-Forum in Düsseldorf ausgestellt und bringen endlich die Wahrheit ans Lichts. Oder?
Wahrheit im digitalen Zeitalter ist so ein Thema. Gerade sah ich erst beim daily Swipe durch die Instagram Stories den Papst in einer Balenciaga Jacke. Jemand hatte einen Beitrag dazu in der Story geteilt, es war ein von AI kreiertes Bild, ein aktuell beliebter Trend. Ich aber sah nur das Bild vom Papst in der Jacke und dachte „Spannende Marketing-Kampagne vom Papst“. Der Papst wird jetzt hip oder so. Nicht länger drüber nach gedacht, weiter geswipt. Aber dass das gar kein echtes Bild war, wurde mir erst tags drauf bewusst, als sich Freund:innen über die AI Bilder zu Balenciaga unterhielten und eben auch dieses Bild. Also trau deinen Augen nicht!
Genau dieses Thema greift auch Alison Jackson auf. Ob Prinz William, der Prinz Harry’s Buch zerreißt oder David Beckham mit Wiener Würstchen im Hot Dog: Das ist alles nur geklaut. Dargestellt von unangenehm authentischen Doubles werden die Stars, Sternchen und Royals inflagranti und unverschämt wie noch nie gezeigt. Gleichzeitig sind es auch immer Situationen, bei denen man sich denkt: Könnte schon so passiert sein.
Das britische Königshaus wird besonders häufig aufs Korn genommen. Sicherlich nicht ohne Grund. Die verschiedenen Parteien der „Firm“ haben es sich ja noch nie (aber besonders in letzter Zeit) nehmen lassen, die Wahrheit mal in die eine, mal in die andere Richtung zu biegen. Die britische, aber auch die internationale Boulevardpresse macht fleißig mit. Mittlerweile wird der ganze „Tea“ (das ist Jugendsprache für Tratsch) auch auf TikTok serviert und getrunken. Vielleicht auch deswegen war mein Lieblingsbild das von der Queen, Kate und Camilla, wie sie ebendiese Zeitschriften beim Friseur lesen.

Was die Wahrheit angeht, denken wir normalerweise, dass wir zumindest unseren Augen trauen können. Dabei wird an Fotografien gepfuscht, seitdem es Fotografien gibt. Trotzdem glaubt man den Bildern von Alison Jackson ein bisschen. Und würde man sie ohne Kontext sehen, vielleicht sogar noch ein bisschen mehr. In der Flut an Informationen, denen wir täglich ausgesetzt sind, ist es auch schwer, alles Gesehene differenziert anzuschauen, Quellenrecherche zu betreiben und eine fundierte Meinung zu entwickeln. Gerade aber das ist ja das Schwierige: Durch Bilder kann auch Meinungsmache entstehen und regelmäßig werden Bilder in Fake News jeder Art (dafür hier eine Empfehlung zu Valeskas Artikel zu Fake News) als Beweis verwendet. Daher ist eigentlich die Konsequenz, dass wir langsamer konsumieren müssen, genauer kategorisieren, was wir sehen und immer wieder Google Reverse Image Search verwenden sollten (Damit kann man suchen, wo Bilder schonmal verwendet wurden). Zu diesen Gedanken regt Jacksons Ausstellung auch an, während man am feiernden Trump vorbeiläuft.
Das Skandalöseste erfahren wir erst zum Schluss: Zwei Bilder in dieser Auswahl sind echt! Und gerade, wenn man sich in der Sicherheit gewähnt hat – „Ich kann hier alles in die Kategorie „Fake“ einsortieren“ – wird das Bild wieder auf den Kopf gestellt. Welches Bild ist so realistisch, dass es echt sein könnte?
Am Ende verlässt man die Ausstellung wunderbar unterhalten, leicht beömmelt und in einem Zustand der Post-Wahrheit – keine Ahnung mehr was wahr ist, ich seh‘ jetzt erstmal alles als Fiktion an. Wir waren begeistert und können die Ausstellung jeder:jedem empfehlen. Findet ihr die Bilder, die echt sind?
Titelbild: Ausstellungsansicht „Alison Jackson: Truth is Dead“ NRW Forum Düsseldorf, Foto: Katja Illner