Taylor’s Version

Wahrscheinlich muss ich niemandem sagen, dass die Zeiten aktuell wieder sehr schwierig und frustrierend und deprimierend sind. Es gibt verschiedene Wege damit umzugehen und ich denke, es ist sehr individuell, was wir alle gerade brauchen. Wahrscheinlich habe ich mir dieses Jahr mehr Gedanken über den inzwischen doch ein bisschen überreizten Begriff „Self-Care“ und seine Bedeutung gemacht als je zuvor. Und deswegen entspringt dieser Artikel mal wieder meinem Bedürfnis, Strategien oder Momente zu teilen, die mir helfen, wenn ich in ein Loch falle.

Darum ist hier die Geschichte, wie mein inneres Fangirl von vor über 10 Jahren wieder erweckt wurde. Und sie geht so: Ich bin grundsätzlich gerne Fan von etwas. Von Musiker:innen und Bands, von Büchern, von schlauen Menschen und ja, auch von Fußball. Und ein sehr großer Fan war ich zu meinen Teenagerzeiten von Taylor Swift.

Ich glaube, fast jede:r kennt diesen Namen, aber vorsichtshalber hier ein kleiner Reminder: Taylor Swift ist eine US-amerikanische Sängerin und gehört inzwischen zu den erfolgreichsten Künstler:innen überhaupt. Ich bin ziemlich sicher, dass ihr alle mindestens einen Song von ihr kennt, wenn vielleicht auch nicht bewusst. Und wenn ihr beispielsweise viel Radio hört, könnt ihr wahrscheinlich, ob ihr wollt oder nicht, mindestens einen mitsingen. 2019 wurde sie bei den American Music Awards als „Artist of the Decade“ ausgezeichnet und allein bei dem Medley, das sie dort performen durfte, fehlten etliche ihrer Hits. Na, wie viele kennt ihr?

Seit die Corona-Pandemie die Welt beherrscht, hat Taylor Swift vier Alben veröffentlicht und ich meine Liebe für ihre Musik wiederentdeckt. Sowohl folklore als auch evermore sind sehr atmosphärische Alben voller Geschichten, aber besondere Aufmerksamkeit gab es für Fearless (Taylor’s Version) und Red (Taylor’s Version), letzteres erschienen vor zwei Wochen. Hinter diesen beiden Alben steht eine große Diskussion im Musikbusiness über geistiges Eigentum, künstlerische Rechte und Ethik. Denn im Zuge der Artist of the Decade-Auszeichnung 2019 wandte sich Swift an die Öffentlichkeit, um zu berichten, dass, durch die Übernahme ihrer ehemaligen Produktionsfirma durch Talentmanager Scooter Braun, dieser die Rechte an den Mastering ihrer früheren Songs hätte und sie keine Chance, diese zu erwerben. Ich bin wahrlich zu unwissend im Musikbusiness, um den genauen Rahmen und die Rechtslage dahinter zu verstehen. Wer das also genauer wissen will, möge sich selber schlauer machen (beispielsweise beim zugehörigen Wikipedia-Artikel). Was gerade wichtig ist, ist dies: Die Songs, die Taylor Swift geschrieben und aufgenommen hat, gehören zu einem Teil nicht ihr und das heißt, sie verdient damit auch nicht so viel Geld, wie sie könnte, oder darf sie so verwenden, wie sie möchte. Und da anscheinend keine (finanzielle) Einigkeit erreicht werden konnte, hat Taylor Swift eine andere Lösung gefunden: Taylor’s Version.  

Ältere Songs von Künstler:innen werden vereinzelt vielleicht nochmal neuvertont oder als Best-Of-Alben zusammengestellt. Taylor Swift nimmt einfach ihre ersten sechs Alben nochmal komplett neu auf. Und diese Neuaufnahmen und Neuveröffentlichungen enthalten nicht nur die Original-Songs, sondern zudem auch noch bisher unveröffentlichte Songs. Diese From the Vault genannten Titel sind diejenigen, die es damals nicht mit auf die Alben geschafft haben. Taylor’s Version ist also alte und neue Musik vereint. Wundert es bei ihrer Popularität irgendwen, dass auch das sehr erfolgreich ist?

Ich möchte hier gar nicht weiter der Frage nachgehen, warum ausgerechnet Taylor Swift diesen Platz in der Musikindustrie erreicht hat, dass sie Alben nicht einmal, sondern zweimal an die Spitze der Charts bringen kann. Ich halte auch nicht viel von der absoluten Idolisierung anderer Menschen und ich finde es gerade zu beängstigend, welche noch so kleinen Details von Personen des öffentlichen Lebens analysiert werden. Aber ich habe einfach wahnsinnigen Respekt davor, was die Frau erreicht hat zwischen der Erst- und der Neuveröffentlichung ihrer Alben. Ich habe letzte Woche nochmal die bei Netflix verfügbare Dokumentation (Miss Americana) über sie geschaut, die ich auch sehr eindrucksvoll finde. Nach über 10 Jahren konnte ich auch bei Fearless (Taylor’s Version) noch alle Songtexte mitsingen und das Hören hat mich daran erinnert, wie schön es ist, sich für etwas begeistern zu können. Und wie gut es tut, nach einem beschissenen Tag einfach die Musik aufzudrehen und laut singend durchs Zimmer zu tanzen oder auch in eine Decke eingekuschelt auf dem Bett eine Runde zu heulen.

Ich mag an Taylor Swifts Musik, dass sie Geschichten erzählt – ob es nun ihre eigenen oder die von anderen sind. Nur um ein Beispiel zu nennen: Als vor Kurzem mit Red (Taylor’s Version) also das zweite dieser neu-alten Alben erschien, wurde die Veröffentlichung begleitet von einem zu dem Songtext passenden Kurzfilm als Musikvideo zum Song All Too Well (10 Minute Version) (Taylor’s Version). Und ja, das ist ein ganz schön langer Titel und langer Song, der übrigens nun den Guinness Weltrekord für den längsten Song, der jemals auf Platz 1 der Billboard Charts war, hält. Und apropos Rekorde, Red (Taylor’s Version) brach am Veröffentlichungstag den Rekord auf Spotify für das meistgestreamte Album einer Künstlerin an einem Tag und Taylor Swift als meistgestreamte Künstlerin an einem Tag. Nicht nur mich hat also eine Begeisterung und wahrscheinlich auch Nostalgie für ihre Musik in dieser Zeit erfasst.

Vielleicht sind es also die aktuellen Zeiten, die mich nach früheren oder zumindest besseren sehnen lassen. Was natürlich nicht heißt, dass früher alles besser war. Aber dass mal mein größtes Problem war, welcher Junge in der Klasse wen mag, scheint doch dem vorzuziehen, worüber ich mir aktuell alles Sorgen mache. Also warum nicht Fifteen (Taylor’s Version) aufdrehen und dazu laut mitsingend durchs Zimmer tanzen, als wäre ich fünfzehn. Es tut einfach gut, bei all der Negativität in der Welt, sich zwischendrin für Dinge zu begeistern oder wieder zu begeistern, und das wollte ich hier kurz teilen.

Beitragsbild: NBC

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