Kristen Stewart [Twilight] – Eine Verteidigung

Seit der Veröffentlichung des ersten Twilight-Films 2008 gehört es fast zum guten Ton, sich über die schauspielerische Leistung von Kristen Stewart lustig zu machen. Ihre unsichere, leicht verzweifelte Awkwardness, ihr ausdrucksloses Gesicht und ihr Durch-die-Haare-fahren in Twilight werden ihr sehr negativ angerechnet. Und sind wir mal ganz ehrlich: Ist ihre Schauspielerei nicht wirklich total schrecklich?

Meiner Meinung nach: Nein! Wahrscheinlich war es nicht ihre beste Leistung, einem Interview mit der New York Times nach, denkt sie das vermutlich noch nicht mal selber. (Da meinte sie, sie habe in ihrer Karriere vielleicht in fünf Filmen gut geschauspielert und Twilight nennt sie dabei nicht). Trotzdem war ihre Darstellung von Bella auch nicht so grauenhaft, wie alle sagen.

Ich weiß noch, wie ich damals mit meinen besten Freundinnen im Midnight-Screening war und nach dem Film etwas ernüchtert aus dem Kino ging. Irgendwie erfüllte der Film nicht das, was ich nach einer fast religiösen Verehrung der Bücher erwartet hatte. Aber war daran Kristen Stewarts Schauspielerei Schuld? Damals wie heute denke ich das nicht und hier ist warum: Kristen Stewart spielt Bella so, wie sie in den Büchern steht. Sie spielt ein fast charakterloses, überfordertes Mädchen, bei dem nicht ganz nachvollziehbar ist, warum sie plötzlich in diesem neuen Ort so gut ankommt.

Im Grunde ist Bella Swan schon in den Büchern eine anschauliche Darstellung des Konzeptes „Pick Me Girl“. Klamotten sind ihr nicht wichtig, sie hängt am liebsten mit den Boys ab und hilft ihrem Vater lieber beim Abwasch, als sich mit Schminken oder ähnlich „girligen“ Dingen auseinanderzusetzen. Klar, wird dabei auch ein bisschen misogynistische Herablassung den anderen Mädchen im Roman und im Film entgegen gebracht (z. B. Jessica, die im Vergleich ein richtige „Try Hard“ ist und vieeel zu girly).

Gleichzeitig repräsentiert „Twilight“ damit ein unrealistisches, toxisches Frauenbild, das einen unmöglichen Standard für Frauen und Mädchen darstellt. Seid alle leere Hüllen, perfekte, ergebene Freundinnen, denen die Männer (selbst übernatürliche Wesen mit perfektem Aussehen und *Glitzer*) nicht widerstehen können. Kristen Stewart spielt diese Verkörperung von (angeblichen) Männerträumen und internalisierter Misogynie, wo Frauen sich jeder Individualität entleeren, nun mal leider perfekt. Ich weiß, dass ich damals, als Teenager, auch zum Schluss gekommen bin, dass Mädchen/Frauen sich so verhalten müssen, um von Jungs/Männern akzeptiert und geliebt zu werden.

Aber warum hassen (meiner Meinung nach) dann so viele Kristen Stewart in dieser Rolle und nicht die Rolle selbst? Durch die audiovisuelle Darstellung von im Buch vor allem gedanklich stattfindende Handlung, wo sich die Leser*innen voll und ganz mit Bella identifizierten, wird die „Pick Me Girl“-Attitüde und bereits in den Büchern vorherrschende Leere in Bellas Charakter, die erst durch ihre Beziehungen zu Männern gefüllt wird, offengelegt. Wohlgemerkt ist an der „Pick Me Girl“-Attitüde per se nichts Schlimmes dran, nur wird die damit einhergehende Anbiederung und Suche nach Akzeptanz bei gleichzeitigen Ausschließen von allen anderen Mädchen/Frauen generell schon ziemlich negativ angesehen. Darüber hinaus ist der Film eine Abbildung wie durch einen Spiegel, frei nach dem Motto: Guck mal, damit hast du dich identifiziert.

Schlussendlich hat Kristen Stewart nur die Schwächen von Twilight offengelegt. Sie hat die Rolle so gespielt, wie sie in den Büchern beschrieben wurde und hat uns allen dabei einen Spiegel vorgehalten. In Wirklichkeit lag das Problem schon bei der Geschichte und dem vermittelten Frauenbild, was wirklich schlecht und unausstehlich war. Bis auf mein Lebensende werde ich diesen Punkt vermutlich verteidigen. Ich freue mich aber, darüber mit euch zu diskutieren, wenn ihr das Problem an anderer Stelle seht – lasst es in den Kommentaren!

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