Bald kommen die mit Freude erwarteten letzten Karnevalstage der Saison, nur dieses Jahr wird alles anders sein. Am 11.11.20 haben sich bereits alle Jeck*innen an die Ausgangsbeschränkungen gehalten und nun wird es wohl nicht anders sein. Ich muss sagen, aktiv fühle ich noch keine Traurigkeit, doch wenn ich an die vergangenen Jahre denke, werde ich wehmütig. Wie bei vielen anderen Beschränkungen empfinde ich keine aktives Vermissen zum Beispiel von Konzerten. Ich habe das Gefühl, da es einfach nicht da ist, vermisse ich es auch nicht. FoMO ist sozusagen nicht möglich. Doch wenn ich Aufnahmen sehe, wird mein Herz ein wenig schwer. Ihr könnt mir gerne mitteilen, wenn Ihr es ganz anderes empfindet. Nichtdestotrotz sind die Karnevalstage angebrochen und es besteht weiterhin das Ziel diese zu feiern, nur anders halt.
Edit: Nun ist der Sonntag davor und ich könnte schon weinen. Es ist einfach die schönste Zeit des Jahres. „Nichts muss, aber alles kann […] Wir machen den Tag zur Nacht“, diese Zeilen beschreiben es sehr gut (die aus welchem Lied stammen?). Tanzen den ganzen Tag und das auch noch verkleidet. Letztes Jahr meinte wer zu mir: „Ach, du bist schon wieder in Deinem Tanztunnel“. Natürlich! Genug geredet, ab jetzt wird nur noch getaaaaanzt.

Zur Inspiration und zum Abdancen folgen nun meine liebsten Karnevalslieder. Dieser Artikel ist wie immer länger geworden als gedacht. Aber was soll ich machen? Es gibt einfach zu viele Hits im Karneval.
Die Klassiker
Das wahrscheinlich erste Lied, an das ich mich erinnern kann, ist Der treue Husar, unter anderen gesungen von der Kölner Legende Willy Millowitsch. Mit diesem Lied wurde ich als Kind, getragen wie ein Funkemarieche, ins Bett gebracht. Meine Eltern kommen zwar nicht aus Köln, anscheinend kann man sich aber auch in anderen Städten an Rosenmontag kennenlernen. Neue Texte mussten sie dann trotzdem lernen, als sie nach Köln gezogen sind. Somit ist schon zu erkennen, dass es kein Karneval in meinem Leben gab, an dem ich nicht verkleidet war und gefeiert habe. Die Devise bleibt: Lieber an Karneval in der Heimat sein als an Weihnachten.
Für mich sind und bleiben die Kings des Karnevals allerdings die Bläck Fööss. Ich könnte da einige Lieder aufzählen, die Grund hätten in diesem Artikel zu sein. Ich beschränke mich jedoch zunächst auf zwei. Eins zum Lachen und eins fürs Herz.
Toleranz wird im Karneval groß geschrieben. Auch wenn ich leider schon öfter herausfinden musste, dass Köln nicht so offen ist, wie es tut, geben Lieder wie Unser Stammbaum ein Jeföhl für diese Stadt und für Karneval. Was viele Menschen nicht verstehen ist, dass die Kostümierung an Karneval Hierarchien aufhebt und man so mit Menschen in Kontakt kommt, mit denen man sonst keine Berührungspunkte hat. So auch in Karnevalsvereinen. Bist du neu in der Stadt und suchst Kontakte? Dann gehe in einen Verein und du hast direkt hundert. Natürlich gibt es bei manchen Kostümen Kritikpunkte und auch von den Vereinen wünscht man sich mehr Reflektion und Veränderung, aber dieser Artikel handelt von Nostalgie und Wehmut, also konzentrieren wir uns auf die positiven Aspekte. Ich werde nie vergessen, wie ein als Tiger verkleideter Jung, so um die 20, zu meinen Eltern rief: „Mama! Papa! Da seid Ihr ja!“, weil die auch als Tiger verkleidet waren.
Lieder mit lustigen Texten aus dem Alltag mag ich auch. Ich kann Euch nur empfehlen das Best Of aus 33 Jahren Köbes Underground zu schauen. Hier ein kleiner Vorgeschmack:
Neue Ära
Zur Zeit sprießen neue junge Karnevalbands nur so aus dem Boden. Das war allerdings nicht immer so. Gefühlt gab es eine Zeit, in der nur neue Mallorca-Lieder veröffentlicht wurden. Ja, es gibt einen großen Unterschied zwischen diesen und Karnevals-Liedern und auch zu Schlager! Jedenfalls kamen dann auf einmal zwei Bands, mit denen sich das schlagartig änderte: Cat Ballou und Kassalla.
Das Lied ist ein Klischee und Kitsch pur, es verfehlt seine Wirkung jedoch nicht. Bei Et jitt kein Wood wird jede:r schwach und es bestätigt auch ein Phänomen: Umso weiter ich von Köln entfernt wohnte, desto mehr kölsche Musik hörte ich. So stand ich schon in mehreren Orten dieser Welt (oder eher in drei Städten) und hatte Tränen in den Augen beim Hören dieses Liedes. Menschen, die immer hier gewohnt haben, können das Lied nicht so bewusst verstehen. Meine Schwester und ich führten ein Gespräch darüber, dass die Musik ja gar nicht so schlecht ist und man die auch außerhalb von Karneval hören könnte. Mein Vater antwortete nur: „Das würdet ihr nicht sagen, wenn ihr noch hier wohnen würdet.“ Dazu sollte gesagt sein, wir haben lang genug in einem Karnevalsverein getanzt, um von dieser Musik wirklich genervt zu sein, aber nach ein wenig Abstand…
Es folgt das beste Lied für wenn man nach Hause fährt.
Anfänglich war ich mehr so Team Cat Ballou, aber nun muss ich sagen, es ist Kassalla. Es sind einfach Hits, Hits, Hits. Eigentlich muss man sich natürlich nicht entscheiden. Achtung, jetzt geht’s ein wenig auf die Tränendrüse. Bei diesem Lied muss ich einfach immer an meinen verstorbenen Opa denken und stoße imaginär mit ihm an. Ich meine, es gibt viele traurige Lieder und ich kann nicht sagen, warum ausgerechnet dieses Lied mich jedes Mal catched. Good grief at its best, würde ich sagen. Dorüm alle Jläser huh!
Die Bands zeigen sich je nach dem doch auch der Reflektion bewusst, so erklären Kasalla, dass sie auch außerhalb des Karnevals Konzerte spielen und nur beim Feiern oft die Songs gespielt werden, die die Stadt und das Leben hier veredeln. Sie hätten jedoch auch andere Texte und versuchen so Menschen zu erreichen, die bei Diskussion, Literaturvorschlägen oder ähnlichem nicht angesprochen werden. So spielen sie dieses Lied auch auf Schützenfesten und es verstaubt nicht nur auf dem Album. (https://www.meinesuedstadt.de/ein-gutes-zeichen-fuer-wachheit/)
Das folgende Lied passt, wie ich finde, gar nicht so gut nach Köln, weil hier geht immer was (außer an Corona natürlich, da nur im Herzen). Mich erinnert es stets an meine Zeit in Paderborn, da hatte man wirklich Probleme die Party zu finden. Gott sei Dank gab es den roten Döner, so kam man wenigstens an Essen. Wobei ich sagen muss, auch an Karneval musste ich schon Leute suchen, die mit mir weiterfeiern, wenn andere nach Hause gegangen sind. Hier ein Tipp: Telefonische Erreichbarkeit ist eher nicht so angesagt an Karneval, deshalb immer schon vorher wissen, wo andere sind… und im Zweifel immer Live (those who know, know).
Feminismus im Karneval sieht wohl so aus:
Naja, Wasser braucht Köln zur Zeit eher nicht, aber diese schöne Collaboration dient gut als kleine Überleitung zu einem Lied, was natürlich nicht fehlen darf:
Es fehlen sehr viele Lieder in dieser Liste, aber wie der Karneval muss auch dieser Artikel ein Ende nehmen. Geschmack ist subjektiv und wie Ihr erkennen konntet, sind auch die Lieder hier gekoppelt mit persönlichen Erlebnissen. Wenn man mit Karneval nichts anfangen kann, ist das ok, und wenn man mit Karneval was anfangen kann, ist das super! Ich hoffe, dieser Artikel hat Euch dazu verleitet, an dem heutigen Ehrentag zu tanzen, somit habe ich dann meinen Soll erfüllt. Wenn nicht, habt Ihr nun die letzte Chance. Hier auch die Auflösung zu den Zitaten vom Anfang.
Ihr wollt mehr? Hier kommen noch mehr Empfehlungen der Redaktion:
Ihr habt immer noch nicht genug? Keine Sorge, wir haben da noch was für euch zusammengestellt:
Bild: Hennsfive
Sehr schöner Artikel, war toll zu lesen, natürlich für mich verbunden mit einigen Emotionen.
Aber ich „höre jetzt manche Lieder mit anderen Ohren“ und habe -für mich- einiges Neues entdeckt.
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Das freut mich! ❤
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