Im Folgenden schildere ich ein paar Anekdoten, Gedanken und Gefühle zu dem Leben als Mitarbeiterin einer großen Fastfoodkette. Diese sind aus Emotionen heraus entstanden und etwas verstärkt dargestellt.
Vorab sollte ich erwähnen, dass ich keine große Menschenfreundin bin. Menschen sind einfach unglaublich anstrengend und da schließe ich mich selbst nicht unbedingt von aus. Ja, das ist schon mal nicht so die optimale Grundlage, um in der Gastronomie zu arbeiten, aber was soll ich sagen: Ich bin jung und brauche das Geld. Ich will jetzt nicht sagen, dass andere Restaurants und Cafés keine ätzenden Kund*innen haben und dass bei diesen alles Friede Freude Eierkuchen ist, doch mein Arbeitgeber zieht gefühlt nochmal eine Sorte von ganz anderen Menschen an.
An und für sich bin ich mit diesem Konzern oder dessen Franchise als Arbeitgeber zufrieden. Zuvor habe ich in einem, sagen wir mal, eleganterem und qualitativ hochwertigerem Veranstaltungsort gearbeitet. Dort wurde das Arbeitsrecht nicht ganz so strenggenommen und viele Studierende stark ausgenutzt. Ich war also sehr froh, als ich auf einmal eine ganze halbe Stunde Pause bekam, in der ich mich hinsetzen durfte, wo es zum Essen auch Alternativen für Vegetarier*innen gibt. Es wird sich tatsächlich sogar darum gekümmert, dass ich eine Pause habe und ich in dieser auch nicht gestört werde. Arbeitsrecht ist schon etwas Tolles, wenn es eingehalten wird.
Auch von dem Team fühle ich mich unterstützt. Natürlich gibt es immer Leute, mit denen man aneckt, aber generell habe ich das Gefühl, dass das Team hinter mir steht und wenn etwas schlecht läuft, mir nicht auch noch einen auf den Deckel gibt. Auch das habe ich schon anders erlebt. Eine Kollegin meinte einmal zu mir: „Wenn die mich jetzt auch noch anmeckert, fange ich an zu weinen!“ So finanziell und emotional ausgebeutet zu werden, und das in einem NEBENJOB, prägt einen nachhaltig.
Anekdoten
Naja, kommen wir also nun zum eigentlichen Problem: Die Kund*innen. Ich weiß gar nicht so genau, wo ich anfangen soll. Vielleicht bei einer meiner Lieblingsanekdoten. Einige Jahre sind seitdem schon vergangen. Ein Mann stand vor mir und bestellte für seine Familie das Essen. Als ich endlich alles fertig auf das Tablett gepackt hatte, wollte der Herr dieses nicht mehr entgegennehmen, da ich das Essen zu sehr auf das Tablett geworfen hätte. Was soll ich sagen, wie es in den Wald hineinschallt, so schallt es wieder raus. Mein Schichtleiter gab ihm das Geld zurück und meinte, ich solle mir keine Gedanken machen, da der Mann einfach ein Idiot sei. Bei der nächsten Schicht berichtete mir eine Kollegin, dass der Mann wieder da war und zu ihr meinte, dass wenn seine Kinder nicht dabei gewesen wären, er mit dem Schichtleiter vor die Tür gegangen wäre.

wifflegif.com
Ein anderes Mal füllte ich die Regale auf und eine Dame, die in ihrem Auto auf ihre Bestellung wartete, fragte mich, ob sie jetzt auf ihre Bestellung warten müsste, bis ich alles aufgefüllt habe. „Keine Panik“, antwortete ich, „meine Kollegin ist schon dabei ihre Bestellung zu bearbeiten.“ Damit war natürlich ich die Böse, weil sie ja nur eine ganz „normale“ Frage gestellt hat. Sorry, auch wenn ich mich gerne in Passiv-Agressivistan aufhalte, steht in meinem Pass doch eher Activia Agressiva als Herkunft.

Meine neue Lieblingsgeschichte geschah erst vor wenigen Wochen. Ich war nachts im Drive-in eingeteilt und habe die Bestellungen angenommen, kassiert und das Essen herausgegeben. Ein Job, der generell zu einer gewissen Unruhe und innerem Stress führt. Der Drive-in war zu dieser Zeit recht voll. Nun möchte ich die Bestellung des Herren gerne annehmen, ich kann ihn leider schlecht verstehen und bitte ihn den Motor auszustellen. Zweimal. Er tut dies nicht. Als er dann zum Zahlen an meinem Fenster ist, bitte ich ihn nochmal für die Zukunft, sogar freundlich, dass er bitte seinen Motor bei der Bestellung ausschalten soll, um die Verständigung zu vereinfachen. Die Antwort? Er nehme keine Anweisungen von uns an und wir bräuchten es auch nicht noch einmal zu wiederholen. Als ich ihm erkläre, warum es nett und einfach höflich ist den Motor auszustellen, fragt er nach meinem Restaurantleiter. Dieser war leider nicht da und ein Schichtleiter war anscheinend nicht gut genug. Er würde sich dann im Internet beschweren antwortete er, lächelnd nannte ich ihm meinen Namen und meinte, dass er diesen gerne erwähnen kann. Daraufhin will er sich auch noch über die patzigen Antworten beschweren. Er bezahle schließlich mein Gehalt. Tja, ich gebe ihm aber sein Essen. Und er fuhr wütend mit seiner alten, großen Benzinschleuder davon. Und das passierte während Corona, wo andere Menschen aus Sicherheitsgründen Zuhause bleiben und dankbar sind, für jede*n, der*die noch arbeitet.
Meine Freund*innen aus dem Kapitalismus-Fanclub
Ja, tatsächlich sind sehr viele Kund*innen Mitglieder*innen des Kapitalismus-Fanclubs. Die Drohung, dass sie ja woanders hingehen können. Und one of my favourites, dass der Kunde ja König sei oder ähnliche Worte und Verhaltensweisen. Wer diesen Satz erfunden hat, musste wahrscheinlich nie im Service arbeiten. Natürlich nehme ich mit dem Anziehen der Arbeitsklamotten eine bestimme Rolle ein. Zu der gehört es sicherlich auch freundlich, geduldig und höflich zu sein. Aber auch der oder die Kund*in nimmt eine Rolle ein und man muss sich definitiv nicht alles gefallen lassen. Auch wenn ich für eine Dienstleistung bezahlt werde, heißt das noch lange nicht, dass die Bezahlenden sich alles erlauben dürfen und sich an keine Normen halten müssen. Ich bin es Leid, alles mit einem Lächeln entgegen zunehmen. Mittlerweile lasse ich mir nicht mehr alles gefallen und trete für mich selbst und meine Ansichten ein. Denn auch ich habe eine Wahl. Wenn ich den Job verliere, kann ich als deutsche Studentin leicht einen neuen Job finden. Da in diesem Land immer noch manche Menschen gleicher sind als andere, gilt das leider nicht für viele meiner Kolleg*innen. Diese sind auf den Job angewiesen, nicht nur um ihren Lebensunterhalt zu finanzieren.
Manchmal wünsche ich es mir ja sogar und beneide meine Kolleg*innen, die es schaffen ruhig zu bleiben, die Beschwerden der Leute nicht an sich ranlassen und mit Freundlichkeit und Fröhlichkeit arbeiten. Einfach nur wow! Bei den unnötigsten Beschwerden helfen sie stets weiter und tun alles für die Zufriedenheit des*der Kund*in.
Das Einzige, was ich mir in so Situationen denke: „Ihr bezahlt 1€ für einen Hamburger, also erwartet einfach nicht zu viel.“ Damit meine ich nicht, dass wenn man mehr Geld bezahlt, sich alles erlauben darf, aber sie haben dann eher das Recht auf wirklich heiße Burger, die wirklich frisch zubereitet werden. Tatsächlich gibt es auch immer wieder Menschen, die sich über Preiserhöhungen beschweren und enttäuscht sind, weil es keine Gutscheine gibt. Hmm.. Schonmal was von Inflation gehört? Aber sieben Euro für drei Burger ist schon eine Zitat „Frechheit“. Klar, die Produktionskosten sind weitaus geringer und das Unternehmen scheffelt ein Haufen Geld und könnte definitiv seine Mitarbeiter*innen besser bezahlen. Ich verdiene nur wenige Cents über dem Mindestlohn und Trinkgeld dürfen wir auch nicht annehmen. Dennoch würde ich es mir wünschen, dass die Menschen vielleicht mal darüber nachdenken, wie das Essen so billig sein kann. (Ich habe hier absichtlich billig und nicht günstig gewählt)
Demnach kann ich Euch versichern, dass es nachvollziehbar ist, wenn Mitarbeiter*innen eines solchen Unternehmens nicht immer die Sonne aus dem Hintern scheint. Im Durchschnitt gibt es pro Schicht mindestens ein Geschehen, welches den ganzen Tag versauen kann und bei dem man sich fragt, wo Empathie und Höflichkeit hin sind. Gefühlt verliert man mit der Uniform auch an Würde und Menschlichkeit in den Augen einiger Kund*innen. Jobs sollten nicht den Wert eines Menschen definieren, dennoch sind wir regelmäßig der Fußabtreter für manche Menschen. Das macht den Job neben stundenlangem Stehen und dem andauernden Stress noch ermüdender.
Worte, die ich nicht mehr hören kann:
„Aber bitte heiß“ – Gibt’s hier nicht!
„Ist auch alles drin?“ – Eine für mich eine rhetorische Frage, weil würde ich es rausgeben, wenn dem nicht so ist?!
„Nuggets bitte“ – „Im Menü?“- „Nein einzeln, und noch ein mittlere Pommes und ein kleines Getränk“ – DO THE FUCKING MATH!!! (Auch wenn nur eine Pommes zum Burger genommen wird, lohnt es sich das Menü zu bestellen, also bitte lasst mein Schwabenherz nicht Bluten!!)
„Ihr verdient doch genug“ – „Ich nicht“. Tatsächlich sind doch einige Menschen der Ansicht, dass wenn man in ein Arbeitsverhältnis mit diesem Unternehmen eintritt, man auch automatisch mit deren Arbeitsweisen und Ideologien übereinstimmt. Ahahahahah! Newsflash! Manche Menschen können es sich nicht wirklich frei aussuchen, wo sie arbeiten. Auch hier noch einmal Credits für das Unternehmen, da es echt vielen Menschen eine Chance gibt, die diese sonst vielleicht nicht hätten (was natürlich auch leicht ausgenutzt werden kann).
„Mach mir mal“ oder „Tu‘ mir mal“ – „Ich tue Dir gleich die Bestellung über dein Gesicht schütten und schicke Dich dann zum Grammatikunterricht!“ Dort kann man den Menschen dann direkt auch mal erklären, warum es weder Spielzeug für Jungs, noch für Mädchen gibt.
Es gibt jedoch in der Tat auch nette Menschen und manche sind auch wirklich süß und damit meine ich keine Kinder. (By the way, es ist in der Tat möglich, schon vor der Bestellung herauszufinden, was die Kinder möchten.) Es stimmt mich positiv, wenn ich Menschen sehe, die sich darum streiten, wer denn jetzt bezahlen darf. Oder Menschen, die es tatsächlich nicht gewohnt sind, dort zu essen und daher mit der Auswahl überfordert sind. Oder einfach Menschen, die mit einem reden, die einem in die Augen schauen, die vielleicht sogar lächeln. What?! Wahrscheinlich sind die furchtbaren Kund*innen weitaus weniger, als es sich anfühlt, und wahrscheinlich werden diese diesen Artikel auch nicht lesen.
Auf mehr Nächstenliebe, mehr Verständnis und die Fähigkeit, sich von anstrengenden Menschen nicht die Laune verderben zu lassen. Cheers!