Neue Musik von //Rina Sawayama//(G)i-dle//Rosalía//Flume & Toro y Moi//

Jede Woche erscheint rund um den Globus spannende Musik. Im Release Radar schreibe ich über Veröffentlichungen, die ich in den letzten Wochen besonders relevant, interessant oder einfach gut fand. Dieses Mal liegt der Fokus (ganz im Sinne unseres Blognamens) auf Popmusik. Alle vier Tipps sind eher von der aufregenden Sorte und nicht unbedingt für entspanntes Nebenher-Hören. Wenn man meine Mutter fragen würde, wäre wohl „anstrengend“ das richtige Wort. Aber ich finde, gerade die „anstrengende“ Pop-Musik ist besonders spannend (und macht meistens auch einfach Spaß).

Rina Sawayama – XS

Die in Japan geborene und in London lebende Rina Sawayama hat am 17. April 2020 ihr Debütalbum „Sawayama“ vorgelegt. Dass das nichts für ruhige Gemüter ist, hat sie mit ihren Vorab-Singles „STFU!“, „Comme des Garçons (Like the Boys)“ und „XS“ klar gemacht. „STFU!“ knallt einem Metal-Riffs um die Ohren und zum wummernden Beat von „Comme des Garçons“ kann man einen astreinen Catwalk im heimischen Flur einüben. Mein aktueller Liebling ist „XS“. Der Song kombiniert Metal-Anleihen mit dem Drama der 2000er Popköniginnen und einer postkapitalistischen Message. „XS“ ist für mich der Pop, von dem ich nie wusste, dass ich ihn gebraucht habe: Laut, aufregend, überraschend und vielversprechend.

(G)i-dle – Oh my god

Manchmal kann ein einziges Wort einen großen Unterschied machen. Der Song „Oh my God“ (06.04.2020) der Girl Group (G)i-dle handelt von einer gefährlichen und unwiderstehlichen Liebe. So weit, so wenig überraschend. Bereits in der Vergangenheit standen (G)i-dle aber für emanzipatorischen und progressiven K-Pop. „Oh my God“ geht einen Schritt weiter und spricht explizit über die Liebe zu einer weiblichen Person. Das lyrische Du aus den ersten Zeilen wird im Refrain auf einmal zu „she“: „Oh my god/she took me to the sky/Oh my god/she showed me all the stars“. Im K-Pop haben Bekenntnisse zu Homosexualität und LGBTQ bisher (wenn überhaupt) am Rande stattgefunden. In Südkorea ist das Tabu um dieses Thema noch deutlich größer als in Europa oder den USA. „Oh my god“ stellt in diesem Kontext einen unerwarteten und sehr begrüßenswerten Tabubruch dar. Er ist Zeichen für eine vorsichtige Öffnung des K-Pop gegenüber gleichgeschlechtlicher Liebe.

Rosalía – Dolerme

Die Corona-Pandemie lässt keinen Lebensbereich unberührt. Auch die Musikwelt muss sich mit den eingeschränkten Kontaktmöglichkeiten zurecht finden. Die spanische Künstlerin Rosalía veröffentlichte am 24. März ohne Vorankündigung den Song „Dolerme“. Dazu schrieb sie auf Instagram, dass das Songschreiben ihre Form von mentaler Gesundheit während der Quarantäne ist. Auf das sonst für sie typisch durchdachte und aufwändig inszenierte Musikvideo muss sie verzichten. „Dolerme“ wird auf YouTube von einem einzigen Bild begleitet. Es zeigt eine Frau, die in Unterhose auf einer Matratze liegt. Sie schaut den Betrachter traurig an, neben ihr liegen ein Smartphone, ein Messer, ein kleiner Schoßhund und ein Mundschutz: Liebe in Zeiten der Corona-Krise.

Flume feat. Toro y Moi – The Difference

Flume und Toro y Moi sind beide feste Bestandteile meines alltäglichen Musikkonsums. Und beide gehören zu den eingängigen, aber soundtechnisch experimentellen Bastlern. Am 11. März war dann plötzlich ein gemeinsamer Track auf meinem Spotify-Startbildschirm zu sehen, der mich ziemlich überrascht hat. Der Song hat einen treibenden Drum’n’Bass-Beat. Das war eins der wenigen Dance- und Electro-Genres, die Flume noch nicht ausprobiert hatte. Und dass ein Toro y Moi da so gut dazu passt! Und dann hat Flume auch noch gesagt, dass er schon länger ein Fan von Toro y Moi ist und die den Song gemeinsam in zwei Tagen aufgenommen haben! Am meisten überrascht war ich aber, dass mir der Drum’n’Bass-Beat gut gefallen hat. Normalerweise ist das eins der wenigen Genres, um die ich gerne einen großen Bogen mache. Das Ergebnis klingt auf jeden Fall schillernd, ungewöhnlich und nach einem melancholischen und trotzdem beschwingten Abendausklang. Kleiner Tipp:
Die Apple-Werbung mit dem Song ist wegen der fantastischen Matilda Sakamoto auch sehr sehenswert.


Titelbild: Alike Schwarz

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