Was kann man über ein Land sagen, in dem man drei Monate lang gelebt hat? Ich habe das Gefühl die Antwort lautet hier: Alles und nichts. Nach den drei Monaten, die ich in Singapur verbracht habe, nehme ich die Stadt nicht mehr aus einer Touristenperspektive wahr. Obwohl ich die Touristen-Spots natürlich alle abgehakt habe (und das sehr gerne!), habe ich in der Stadt gelebt und gearbeitet. Ich hatte einen Freundeskreis und ein Leben, das sich nach 3 Monaten schon fast ein bisschen nach Alltag angefühlt hat. Und doch fühle ich mich nicht in der Position, einen tiefgründigen Text über die politische Situation des Landes oder dessen kulturelle Eigenheiten zu schreiben, denn dafür war ich nicht lange genug da und hatte vor allem nicht genug Kontakt mit Einheimischen (mein Freundeskreis bestand zum großen Teil aus anderen Deutschen, shame on me). Und doch spüre ich das Bedürfnis, meine Eindrücke über die Stadt niederzuschreiben, in der ich drei Monate lang unglaublich viel erleben durfte, und zwar nicht in Form einer Auflistung der schönsten Sehenswürdigkeiten. Deswegen wird es hier um einen anderen wichtigen Teil meines Singapur Aufenthalts gehen: Das Essen.
„Shiok“ sagt man in Singapur, wenn etwas besonders gut schmeckt. Natürlich gibt es auch in Deutschland viele Leute, die gerne essen, aber in Singapur nimmt das Thema einen ganz anderen Stellenwert ein. Statt sich am Nachmittag mit den Kolleg*innen im Aufzug über das Wetter zu unterhalten, spricht man darüber was man zum Mittag hatte. Und da gibt es in Singapur einiges zur Auswahl. Wenn mir die Frage gestellt wird, was mir in Singapur am besten gefallen hat, antworte ich normalerweise: „Das Essen in den Hawker Centers“, denn das ist eines der Dinge, die Singapur wirklich einzigartig machen. Bei Hawker Centers handelt es sich um halboffene Gebäude mit verschiedenen Ständen, die Mahlzeiten anbieten, als hygienischere Alternative zu Märkten im Freien. Eine Bezeichnung, die wir im Westen dafür nutzen würden, wäre „Food Court“. Nach einem solchen Hawker Center muss man meistens nicht lange suchen, denn es gibt sie wie Sand am Meer, auch wenn sie sich bezüglich Größe, Komfort und Auswahl stark unterscheiden. Während man in kleinen Hawkers die Auswahl zwischen vielleicht fünf Ständen hat, kann man in den großen Hawkers zwischen etwa 100 Ständen wählen. An einem Stand gibt es meist eine Handvoll Gerichte, die sich in der Zubereitungsart oder der Hauptzutat ähneln. Am ersten Stand bekommt man zum Beispiel koreanisches Essen, einen Stand weiter gibt es chinesische Nudelsuppen und am dritten Dumplings in verschiedenen Varianten. Um Hygiene braucht man sich dabei keine Gedanken machen: Alle Stände werden regelmäßig geprüft und die Hygienezertifikate hängen immer offen sichtbar neben den Speisekarten. Und während in Singapur generell fast alles teurer ist als in Deutschland, zahlt man für eine komplette Mahlzeit in einem Hawker Center nur zwischen zwei und sechs Singapur Dollar (1,40 bis 4 Euro).
Am meisten an Singapur und der singapurischen Küche hat mich die Vielfalt fasziniert. Singapur ist ein multiethnischer Staat. 76,8 Prozent der Staatsbürger sind chinesischer Herkunft, 13,8 Prozent malaysischer, 7,9 Prozent indischer und 1,4 Prozent anderer Herkunft. Damit geht einher, dass in Singapur auch Menschen verschiedener Religionen zusammenleben, denn der Großteil der chinesischen stämmigen Einwohner ist buddhistisch, die Malaien sind Muslime und die Menschen indischer Herkunft sind üblicherweise Hindus. Dies spiegelt sich auch im Stadtbild Singapurs wider. Es gibt die Viertel Chinatown, Little India und Kampong Glam (das muslimische Viertel), die sich alle stark voneinander unterscheiden und Singapur selbst so unglaublich vielfältig machen. Und auch die Küche Singapurs profitiert davon: chinesische, malaysische und indische Gerichte findet man natürlich überall in unglaublich guter Qualität – und nicht nur das. Singapur ist der Melting Pot der asiatischen Küche insgesamt: vietnamesisch, thailändisch, japanisch, koreanisch, etc. Egal an welche Art von asiatischem Gericht man sein Herz verloren hat – in einem Hawker in Singapur, wird man es sicher finden.
Um euch Singapur und seine Küche noch einmal mehr schmackhaft zu machen, stelle ich euch hier meine drei liebsten Gerichte vor, die ich in Singapur entdeckt habe.
Popiah

Popiah ist eine Art Frühlingsrolle, die jedoch, anders als wir in Deutschland es kennen, nicht frittiert wird. Das Äußere besteht aus einem Crêpe-artigen Teig, der mit Sojasprossen, Salat, Gemüse, Ei, einer speziellen Soße und – ganz wichtig – gehackten Erdnüssen gefüllt wird (zumindest in der Version, die ich gegessen habe, bestimmt gibt es auch andere Arten, Popiah zu füllen). Dieses Gericht kommt ursprünglich aus der chinesischen Küche und hat mir gezeigt, wie wenige Facetten der chinesischen Küche ich kenne, obwohl ich in Deutschland sehr gern chinesisch essen gehe. Nach einer ersten oberflächlichen Google-Recherche scheint die Anzahl der Restaurants in Deutschland, die Popiah anbieten, eher klein zu sein. Wer weiß, wo man in Köln welche bekommt, kann dies gerne in einem Kommentar unter dem Beitrag vermerken und sichert sich so meine ewige Dankbarkeit!
Bibimbap

Für Kenner der koreanischen Küche wird Bibimbap nichts Neues sein. Ich hatte vor meiner Reise nach Singapur allerdings noch nie koreanisch gegessen und konnte mich dort durch die ganzen großartigen koreanischen Gerichte probieren. Die koreanische Küche wurde so zu einer meiner liebsten Küchen, die ich ohne meinen Singapur-Aufenthalt vielleicht erst viel später oder gar nicht für mich entdeckt hätte. Von der Vielzahl von koreanischen Gerichten, die ich am koreanischen Stand in meinem Lieblings-Hawker (Maxwell in Chinatown) probierte, schmeckte mir Bibimbap am besten. Dabei handelt es sich um eine Art Bowl mit Reis, verschiedenen Gemüsesorten (zum Beispiel Möhre, Gurke, Sojasprossen und ganz wichtig, Kimchi), Rindfleisch (oder Tofu), einem Spiegelei und einer scharfen Gewürzpaste (Gochujang). Bibimbap ist also nicht nur lecker, sondern auch gesund und ist ein gutes Beispiel dafür, was für kulinarische Entdeckungen man in Singapur machen kann, die nicht speziell singapurisch sind.
Chilli Crab

Last but not least, haben wir hier ein Gericht, das wirklich und ursprünglich aus Singapur kommt. Ich brauche an dieser Stelle nicht lange erklären, was Chilli Crab ist: Krabbe, die im Wok zubereitet wird. Zwar ist das Krabbenfleisch lecker und es macht durchaus Spaß, die Schale aufzuknacken und das Fleisch herauszupulen, das Besondere an dem Gericht ist jedoch die Soße. Chilli Crab wird mit einer süß-sauren, leicht scharfen und dickflüssigen Soße auf Chilli- und Tomaten-Basis serviert. Wir bestellten als Beilage zu unserer Krabbe meist spezielle frittierte, leicht süßliche Brötchen, die wir in die Soße tunkten, sowie gebratenen Reis, den wir ebenfalls mit der Soße aßen, und Gemüse. Da das alles viel zu viel für eine Person ist, habe ich Chilli Crab immer gemeinsam mit Freund*innen und nie allein gegessen. So wurde jedes Chilli-Crab-Essen zu einem Event, das zwar nicht häufig stattfindet, sich aber immer wieder lohnt.
In Singapur gibt es einiges zu entdecken – und sich durch die vielen Gerichte zu probieren, ist eine von vielen Möglichkeiten, die Stadt kennen zu lernen.