„Wir starten strong: Frauenrechte…wie nervig“ – Tara-Louise Wittwer im Gloria

„Dann starten wir mal rein“, begann Tara-Louise Wittwer mit verschmitztem Lächeln als Referenz auf junggebliebene Start-Up-Gründer ihre Lesung am vergangenen Freitag (25. April 2025) im Kölner Gloria. Mit einem Augenzwinkern und immer einem Seitenhieb in Richtung Patriarchat brachte sie den ausverkauften Saal an diesem Abend zum Lachen und lautem Zustimmen.

Die Autorin und Influencerin, die als @wastarasagt auf Instagram mit ihren feministischen und politischen Videos bekannt wurde, sagt selbst, dass sie kulturwissenschaftliches Edutainment macht. Auf Social Media und in ihren Büchern Dramaqueen: Frauen zwischen Beurteilung und Verurteilung und Sorry, aber … – Eine Verzichtserklärung an das ständige Entschuldigen spricht sie über Feminismus, toxische Männlichkeit und internalisierte Misogynie. Die Lesung im Gloria fasste ihre Themen in einem Remix aus beiden Büchern sehr unterhaltsam zusammen. Neben einzelnen Textstellen über persönliche Erfahrungen zu Mansplaining, Einnahme von Raum oder sexualisierte Gewalt, spielten auch ihre Reels eine wichtige Rolle. Das Publikum bekam gleich mehrere Videos gezeigt, wie beispielsweise diese hier:

Auch wenn die Lesung vielleicht nicht optimal vorbereitet war, was aufgrund der nur zwei stattfindenden Veranstaltungen (die andere zuvor in Hamburg), auch verständlich ist, machte gerade diese etwas verpeilte und zugleich so sympathische und lockere Art die Veranstaltung zu etwas ganz Besonderem. Tara schafft es, die ernsten Themen so zu verpacken, dass sie hängen bleiben. Durch ihre nahbare Art ermöglicht sie allen einen einfachen Zugang, patriarchale Machtverhältnisse zu hinterfragen und diese im Alltag anders anzugehen.

Vor der Pause gab es dann noch ein kleines Highlight: die offizielle Ankündigung des neuen Buches. Im Oktober erscheint es mit dem Titel Nemesis‘ Töchter: 3000 Jahre zwischen Female Rage und Zusammenhalt. Da Tara studierte Kulturwissenschaftlerin mit einem Schwerpunkt auf Literatur und Geschichte ist und somit – entgegen vieler gern geschriener Vorwürfe – hier wirklich Expertise einbringen kann, dürfen wir also gespannt sein. Einziger kleiner Wermutstropfen: Der zur Pause eingeblendete QR-Code für Vorbestellungen führte zu Amazon. Schön wäre, wenn er das nicht müsste. Das Unternehmen hat ja nun nicht nur einen umstrittenen Chef (und zwar nicht erst, seit er den 11minütigen ach so „feministischen“ Raumflug diesen Monat finanzierte), sondern steht auch immer wieder in der Kritik, den Buchmarkt zu zerstören. Aber jetzt tiefer in diese Systemkritik einzusteigen, würde zu weit führen, das ist vielleicht an anderer Stelle nochmal ein Beitrag. Wir empfehlen trotzdem bei Interesse hier beim Verlag sich das neue Buch anzusehen (Nemesis‘ Töchter) und bei der Buchhandlung eures Vertrauens (z.B. sonst zu finden über Genialokal) zu bestellen. Aber das nur nebenbei, zurück zu Tara.

Es war ein Abend angekündigtem Umblätterns in Büchern und Themen. Dabei konnte Tara sich nicht nur über absurde Takes von Männern, sondern auch immer wieder über sich selbst amüsieren, etwa, als ihr gegen Ende der Veranstaltung das Wort „umblättern“ als Referenz zum Anfang nicht mehr einfiel und sie das Publikum lachend fragte: „wie heißt swipen nochmal in real?“ Die etwas chaotische Aneinandereihung von Anekdoten, Vorlesen und sich dabei selbst ständig für Kommentare unterbrechen, Videos mit verzerrter Tonspur und immer wieder aufs Handy schauen ihrerseits, was als nächste kommen soll, wirkte schlussendlich keineswegs unprofessionell. Im Gegenteil: Man merkte Tara die Erfahrung, über ihre Themen und über sich selbst zu sprechen, deutlich an. Dass sie dabei auch noch so gut über sich selbst lachen kann und das Publikum mit ihr und nicht über sie lacht, kreierte am Ende einen Abend, der eine Leichtigkeit zu den doch so ernsthaften und auch schweren Thematiken brachte.

Danke an 190a, über die wir zur Veranstaltung durften.

Beitragsbild: Populärkollektiv/Valeska Martin

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