Sinnlose Meetings, die auch eine E-Mail sein könnten, anstrengende Betriebsausflüge, Kolleg:innen, die mit inhaltsleeren Buzzwords um sich werfen – welche berufstätige Person kennt es nicht zumindest ein bisschen? Der Roman „Geht so“ der spanischen Autorin Beatriz Serrano nimmt alle diese Büro-Klischees aufs Korn und macht daraus einen lustigen, bissigen, aber in Teilen auch ernsten Roman, der mich absolut überzeugt hat.
Aber erstmal ein paar Worte zum Inhalt
Marisa arbeitet im mittleren Management einer großen Madrider Werbeagentur. Während sie ihren Kolleg:innen vortäuscht, mit Engagement bei der Arbeit zu sein, langweilt sie sich in Wahrheit zu Tode und leidet unter einer Angststörung. Ihren tristen Büroalltag erträgt sie nur mit einer Mischung aus YouTube und Beruhigungsmitteln. Kurzerhand entscheidet sie sich, auf das Teambuilding-Wochenende, auf das sie natürlich gar keine Lust hat, Drogen mitzunehmen. Das hilft ihr allerdings nicht gerade, ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen.
Meine Meinung
Der Roman lebt von den ungefilterten Gedanken und inneren Monologen der Protagonistin Marisa. Wir begleiten sie in ihrem Büroalltag, in dem sie sich mit nervigen Kolleg:innen rumschlagen muss und das Ziel verfolgt, möglichst wenig zu arbeiten und möglichst viel YouTube zu schauen. Marisa hat sich von ihrem Job und ihrem Alltag entfremdet. Sie sieht keinerlei Sinn in ihrem Tun und lehnt den Zweck von Marketing sogar grundlegend ab.
„Seit acht Jahren tue ich dasselbe und weiß, dass es zu nichts nütze ist. Ich weiß, dass die Welt ein besserer Ort wäre, wenn es Jobs wie meinen nicht gäbe. Ich weiß, dass ich die Unsicherheiten der Menschen ausnutze und ihren Drang, in einer Gesellschaft voranzukommen, in der man sich eigentlich nicht verbessern kann.“ – S. 16
Das Ganze ist humorvoll, sarkastisch und bissig erzählt – sonst würde es wahrscheinlich auch keinen Spaß machen, die Gedanken dieser deprimierten Frau Anfang dreißig zu lesen. An vielen Stellen musste ich lachen und dachte sofort „same“, zum Beispiel hier:
„Ich lade eine der PowerPoint-Präsentationen herunter. Als ich sie öffne, verliere ich sofort jeden Lebenswillen“ – S. 117
An anderen Stellen wird hingegen doch ein sehr ernster Tonfall angeschlagen:
„Im Englischen sagt man „Fake it till you make it“ […] Ich halte mich an eine daran angelehnte Regel: Fake it, bis sie dich in Ruhe lassen. Niemand kann die Welt verändern, man kann nur versuchen, sich nicht zu sehr von der Welt verändern zu lassen.“
Im Endeffekt ist klar, dass Marisa die sarkastische Art aufrechterhält, um sich von allem zu distanzieren und mit ihrer Angststörung fertig zu werden. Ihr Leben und ihren Job ernst zu nehmen, würde bedeuten, die Wucht darüber zuzulassen, wie langweilig und einsam sie ihr eigenes Leben findet. Ich fand den Spagat aus trockenem Sinnieren über die Leere des Lebens und den lustigen Anekdoten über die Ironie des Büroalltags sehr gelungen. Allerdings bleibt das Ganze durch den sarkastischen Ton in meinen Augen etwas distanziert. Zum Ende möchte ich natürlich nicht zu viel verraten, doch eines sei gesagt: Das fand ich mehr als gelungen.
Fazit
Zum Glück hasse ich meinen Job im Gegensatz zu Marisa nicht. Trotzdem fand ich viele Aspekte von „Geht so“ wahnsinnig interessant und konnte mich in einigem wiederfinden. Den eigenen Wert über Anerkennung im Job bemessen, der Sinn und Unsinn von typischen Bürojobs und eine toxische Überidentifikation mit dem Job – All das ist vielen Erwachsenen so oder so ähnlich im Berufsleben sicher schon begegnet. Beatriz Serrano beschreibt Themen wie Einsamkeit, Entfremdung und Mental Health auf eine unverkennbare Art und Weise – ich wusste dabei manchmal nicht, ob ich schmunzeln oder weinen soll.

„Geht so“ wurde aus dem Spanischen übersetzt von Christiane Quandt. Vielen Dank an den Eichborn Verlag für das Rezensionsexemplar!
