„Die einzige Frau im Raum“ ist Teil einer Romanreihe der US-amerikanischen Autorin Marie Benedict mit dem Titel „Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte“. Ich kannte vorher noch Keines der anderen Bücher aus der Reihe, aber das Konzept gefällt mir: In jedem der vier Bücher wird eine Frau beleuchtet, die eine spannende Geschichte hat, die aber in Vergessenheit geraten ist. Coole Frauen, die cooles geleistet haben, wieder in den Fokus rücken? Count me in! Leider konnte mich „Die einzige Frau im Raum“ trotzdem nicht wirklich begeistern. Das lag vor allem daran, dass die Hauptfigur sehr blass geblieben ist.
Vorweg möchte ich einen Aspekt am Roman nennen, der mich gestört, aber nichts mit der Handlung direkt zutun hat: Der Klappentext spoilert die gesamte Handlung des Buchs. Fast alle wichtigen Punkte der Handlung werden vorweggenommen, sodass die Geschichte kaum Überraschungen bereithält.
Aber erstmal ein paar Worte zum Inhalt
Hedy Lamarr ist vielleicht einigen Menschen ein Begriff, denn sie war ab Ende der 30er Jahre eine berühmte Hollywood-Schauspielerin. Vorher war sie Hedwig Eva Maria Kiesler, eine Theaterschauspielerin jüdischer Herkunft aus Wien, die einen österreichischen Waffenhändler mit Verbindungen zu Nazikreisen heiratete. Sie war auch Erfinderin mit einer bahnbrechenden Idee. Doch wie wir wissen, wurden Frauen und ihre Ideen damals nicht ernst genommen (und werden es auch heute noch oft nicht).
Meine Meinung
Generell empfand ich „Die einzige Frau im Raum“ durchaus als unterhaltsam. Da auf 300 Seiten ein großer Teil von Hedy Lamarrs Leben abgehandelt, ist die Geschichte schnell erzählt. Das Leben von Hedy Lamarr ist natürlich interessant. Ich hatte das Buch schnell durchgelesen und habe mich nicht gelangweilt. Allerdings leidet die Geschichte auch unter dem Erzähltempo. Es gibt zwischen den einzelnen Kapiteln oft recht große Zeitsprünge. Die Autorin beschreibt in einem Kapitel dann eine Situation, die einen Einfluss auf das Leben der Protagonistin hat. Die Folgen dieser Situationen werden oft nicht auserzählt, sondern übersprungen und nur in einer kurzen Rückblende von der Protagonistin erzählt. Ich nenne einmal ein Beispiel (hier folgt ein milder Spoiler): Hedy lernt einen Mann kennen. Das Kennenlernen der beiden auf einer Party wird beschrieben, dann ist das Kapitel vorbei. Im nächsten Kapitel sind die zwei verheiratet und es wird kurz abgehandelt, wie es dazu kam. So hatte ich als Leserin keinerlei emotionale Verbindung zu den beiden als Paar aufbauen können. Der Mann war mir absolut egal und so war es mir auch egal, dass sie sich zwei Kapitel später auch schon wieder trennen. Das ist nur ein Beispiel für viele solcher Momente in diesem Roman, in denen ich mich distanziert gegenüber Handlung und Figuren gefühlt habe.
Dadurch ist auch die Protagonistin sehr blass geblieben. Zu Beginn des Buchs wirkt Hedy so naiv, dass ich zum Teil schon fast genervt war. Allerdings ist sie zum Beginn der Handlung auch erst 19. Doch auch als sie später ihr Glück selbst in die Hand nimmt, hat mich dieser Eindruck nicht losgelassen. Das liegt daran, dass Hedy einfach kein dreidimensionaler Charakter ist, sondern durch die vielen Zeitsprünge und nicht auserzählten Konflikte flach bleibt. Selbst als sie zur Erfinderin wird, kann sie mich nicht von sich überzeugen.
Hier kommen wir zu einem weiteren Problem des Romans. Der Klappentext suggeriert, dass Hedy eine Erfinderin war und dass das ein zentraler Aspekt des Romans sein würde. Tatsächlich wird Hedys Erfindung aber bloß auf den letzten 30 Seiten des Buchs überhaupt angeschnitten und abgehandelt. In einem kurzen Nachwort wird noch mehr über ihr späteres Leben erzählt. Das wäre sicherlich auch spannend gewesen und hätte in meinen Augen einen wichtigeren Platz in dem Roman bekommen sollen.
Fazit
Der Roman über die coole, vergessene Frau der Weltgeschichte Hedy Lamarr hatte großes Potenzial, konnte meinen Erwartungen nicht gerecht werden. Zwar war das Leben der Protagonistin spannend und das Buch unterhaltsam geschrieben. Aber durch Probleme in der Erzählweise und im Pacing bleiben leider Protagonistin und Handlung des Romans blass und fade.

„Die einzige Frau im Raum“ erschien im Mai 2023 im Kiwi Verlag und wurde übersetzt von Marieke Heimburger. Vielen Dank an den Verlag für das Rezensionsexemplar.