Review: „Body Memory“ von Wandl

Erscheinungsdatum: 01. Juli 2022
Label:
Sichtexot Records

Es gibt News von einem spannenden Beat-Bastler aus Österreich: Wandl hat ein neues Album rausgebracht – Gesamturteil: ✨immaculate vibes✨.

Der Österreicher hat bereits in der Vergangenheit mit sehr stilsicheren und gekonnten Produktionen auf sich aufmerksam gemacht. Das Debutalbum „It’s All Good Tho“ von 2017 erinnere ich als elektronisch geprägtes Frickel-Album mit Hip-Hop-Einflüssen. Davor gab es auch schon ein gemeinsames Album mit dem Rapper Crack Ignaz, auf dem er aber vor allem als Produzent eher im Hintergrund geblieben war. Nach seinem Debutalbum kamen einige Singles und sogar ein ganzes Album, die etwas an mir vorbeigegangen sind. Jetzt ist Wandl ein organisches und atmosphärisch dichtes, drittes Album gelungen, das ihn als ausgezeichneten Sound-Handwerker empfiehlt.

Gesamteindruck des Albums: entspannt, organisch, flüchtig

Das gesamte Album ist eine stimmig ineinander übergehende Soundcollage, die sich mäandernd weiterentwickelt. Dabei bilden sich immer wieder neue Soundstrukturen und kleinere Samples oder Audio-Effekte heraus, die dann schnell wieder zwischen den einzelnen Schichten verschwinden. So wirkt das ganze Album sehr verschwommen und flüchtig. Die einzelnen Songs und Klangstrukturen entziehen sich beim Hören, so als ob ich mich in einem Zwischenzustand zwischen wach und schlafend befinde und einem Traum nachspüre.

Die Songs en detail

Als Auftakt startet Wandl mit „Goodbye“ mit einer griffigen, Lo-Fi-ähnlichen Textur, welches anschwillt und in den ersten richtigen Song „Break Down (The Feeling)“ übergeht. Dieser zweite Track hat einige Charakteristika des Gesamt-Albums, er ist sehr weich und warm, hat einen interessanten Tempo- und Tonwechsel gegen Ende hin und driftet beinahe ab in eine gefällige Fahrstuhlmusik.

Dem kommt der dritte Track „Fallin“ zuvor; in dem Wandl eine Collage aus ruhigen Grooves, leisem Grillenzirpen und Vogelrufen bastelt. Auch „Lay You Down“ setzt diesen ruhigen Vibe fort. Mit „Pleasure“ kommt ein Spoken-Word-Sample über einer dissonant schrammelnden Gitarre und damit bisschen Kontrast im Zwischenspiel. Track Nummer 6 „Neff York“ wirkt dann wieder wie ein Experiment, skizzenhaft und nie ganz konkret.

Einer meiner Lieblingstracks des Albums ist „Over You“. Durch die androgyne Stimme der Feature-Gästin Dacid Go8lin kommt hier etwas Spannung in den Song. Dieser Song lässt auch Wandls Nähe zum Hip-Hop spüren und ist etwas fassbarer als die meisten anderen Tracks.

Auf dem achten Track „Phase U“ startet Wandl dann zum ersten Mal direkt mit einem Vocal-Part, hier sehr klar und nah produziert. Der Rhythmus rückt den Song erst kurz näher an R’n’B, nur um dann zwischendrin komplett zu verschwinden. „Fakin it“ ist flirrend und setzt auf Wandls Stimme als Ausdrucksmedium.

Die beiden letzten Tracks „Open & Close“ und „Your Hands“ gehören auf jeden Fall auch zu meinen Favoriten. In „Open & Close“ schwummert eine kleine Orgel vor sich hin und wird glitzernd von einem Glockenregen begleitet. In „Your Hands“ wird es zum Schluss dann mit einem sanften Schlagzeug-Pattern nochmal etwas jazziger, aber auch hier entscheidet Wandl sich nicht final für eine bestimmte Stoßrichtung.

Fazit

Aus den einzelnen Songs ergibt sich ein unaufgeregter und trotzdem spielerischer Klangteppich. Man merkt Wandl an, dass er dieses Album genutzt hat, um sich weiter auszuprobieren und mit neuen Sounds zu experimentieren. Die Tracks legen sich nie richtig fest und deuten viele Möglichkeiten an, lassen vieles offen und unausgesprochen. Das empfinde ich als große Stärke und Schwäche des Albums zugleich. Denn mir gefällt, dass Wandl nicht krampfhaft versucht, einen „coolen“ oder „lustigen“ oder „catchigen“ Song zu schreiben. Das tut den Songs gut. Aber etwas mehr Kontrast zwischen den einzelnen Songs und Soundelementen hätte dem Album auch nicht geschadet. Insgesamt bleibt es ein Hörerlebnis, das ich sehr empfehlen kann.

Wertung: 4 von 5

Hier könnt ihr das Album auf Spotify hören:

Hier könnt ihr Wandl auf Instagram folgen.


Titelbild: Robert Winter

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s