Was hast du gesagt?

Ihr kennt es sicher auch: Manchmal sagt man etwas, ohne groß darüber nachzudenken. Manchmal sagt man Dinge, die beim Gegenüber ganz anders ankommen, als man gemeint hat. Und manchmal werden Worte auf die Goldwaage gelegt und man fragt sich, ob da nicht zu viel hineininterpretiert wird.

Eins vorweg: Ich will mit diesem Beitrag keinen Appell mit mahnendem Zeigefinder verfassen. Ganz im Gegenteil: Ich möchte euch eher meine Gedanken teilen, wie unbedarft ich manchmal selbst Wörter sage, die für andere Personen verletzend oder beleidigend sein können. Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber: „Boah, ist das krank“ oder ein „Ich lach mich tot“ ist zumindest mir schon das ein oder andere Mal über die Lippen gegangen. Doch sollten wir mit manchen Begriffen nicht etwas sensibler umgehen? Haben krank und tot nicht ganz andere Bedeutungen? Mich haben in der letzten Zeit zwei Instagram-Beiträge dazu bewogen, diesen Artikel zu schreiben. Aber eben nicht, um zu belehren, wie es besser geht, sondern um zu sensibilisieren.

„Das ist absolut geisteskrank“ – Dein Ernst?

Zum einen hat mich das Reel von Janina Nagel bewegt. Über ihren Instagram-Kanal janin_ii berichtet sie über ihre Kleinwüchsigkeit, zeigt Fitness-Inhalte und macht sich stark gegen Ableismus – also die Reduktion von Menschen auf ihre körperliche oder psychische Behinderung. Darunter versteht man demnach, dass Menschen mit Behinderungen von anderen Menschen ohne Behinderungen auf die sichtbaren oder unsichtbaren Merkmale reduziert werden, die sie vom vermeintlichen „Normalzustand“ unterscheiden. Ganz schön diskriminierend.

Janina zeigt mit diesem Video, dass wir in unserer Alltagssprache ableistische Wörter wie „geisteskrank“ „abartig“ oder „gestört“ in der Sprache normalisiert haben. Vor allem in der Inluencer-Welt werden diese Adjektive bei Produktwerbungen häufig verwendet. Mir gefällt sehr gut, dass Sie mit dem kurzen Video nicht nur darauf aufmerksam macht, dass die Wörter eigentlich eine andere Bedeutung haben, sondern, dass sie uns auch gleich den Hinweis gibt, wie wir es besser machen können. Es ist wie bei so vielen anderen Dingen im Leben so: Mit kleinen Stellschrauben, die wir drehen, können wir unsere Sprache verbessern. Adjektive wie „super“ „krass“ „gigantisch“ drücken nämlich das Gleiche aus und sind dabei nicht ableistisch. Mich hat Janina Nagel in diesen wenigen Sekunden richtig wachgerüttelt und sensibilisiert für die Sprache.

„Ich lach mich tot“ – Wirklich?

Ein weiteres Beispiel wurde mir vom Funk-Instagram-Kanal 21Gramm in die Timeline gespült. Dieser Kanal beschäftigt sich mit den Themen Tod und Trauer. Auch hier wird mal genau auf die Sprache geschaut.

„Ich lach mich tot“ oder „Dafür würde ich sterben“ sage ich in meinem Sprachgebrauch auf jeden Fall häufig. Das Sterben wird in unserer Alltagssprache oftmals in einem anderen Kontext verwendet. Wird das Thema damit zu wenig ernst genommen? Ist das ein No-Go? Die Rückmeldungen in den Kommentaren der Community des Instagram-Kanals 21 Gramm, der sich ausschließlich mit Trauer und Tod befasst, ist zwiegespalten. Viele versuchen es zu vermeiden. Gerade Personen, die sich im Trauerprozess befinden, erschrecken regelrecht, wenn sie so etwas hören. Vor allem viele Betroffene der Community, die geliebte Menschen verloren haben, meiden diese Begriffe. Für manche ist es aber wiederum etwas, das man mit Humor sehen sollte und nicht zu ernst nehmen soll. Es ist also schwierig, hier das richtige Maß zu finden – oder wie in meinem Fall, diese bereits normalisierten Ausdrücke aus der Alltagssprache herauszubekommen und zu ersetzen. Hier ist jede:r einzelne von uns selbst gefragt, dies für sich zu definieren.

Und die Moral von der Geschicht?

Laut einer Studie des Linguisten Matthias Mehl der Universität von Arizona in Tucson sprechen wir rund 16.000 Wörter am Tag. Das ist schon so ganz schön viel… und trotzdem sollten wir Redewendungen oder Begrifflichkeiten, die sich in unserer Alltagssprache manifestiert haben, immer wieder hinterfragen. Nicht alle ticken wie man selbst. Begriffe können andere Menschen verletzen, sind zum Teil auch beleidigend oder sogar diskriminierend. Deshalb gilt für mich ab jetzt: Ich versuche, mir bewusster zu machen, was ich damit sage und schaue mir die ursprüngliche Bedeutung des Wortes genauer an. Wir sollten uns sensibilisieren für Ausdrucksweisen, uns Alternativen überlegen. Und wenn es dann heißt: ja, man kann auch übertreiben. Man muss doch nicht alles auf die Goldwaage legen – dann sind das wahrscheinlich Menschen, die gar nicht vom Problem betroffen sind. Wir brechen uns alle keinen Zacken aus der Krone, wenn wir unsere Adjektivpalette erweitern.

Bildquelle: unsplash / Towfiqu barbhuiya

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