Among Us: Sabotiere und töte alle

Dieser Beitrag kommt wahrscheinlich schon zu spät. Der größte Hype ist fast schon wieder vergangen und wie es so häufig im Internet ist, hat man sich neuen Dingen zugewandt. Doch will ich euch heute trotzdem nochmal etwas zu bunten Figuren im Weltall, die sich gegenseitig kein bisschen über den Weg trauen können, erzählen. Heute möchte ich über Among Us sprechen. Und wenn ich es mir recht überlege, ist gerade gar kein falscher Zeitpunkt dafür, denn am Mittwoch, 31.03.2021, kommt die neue Map (Spielfeld) heraus, ergo prophezeie ich einen erneuten Aufschwung dieses Games. Für alle, die jetzt nur Fragezeichen über dem Kopf haben, starten wir bei den Basics.

Impostor unter Crewmates wie der Wolf im Schafspelz

Among Us ist ein Spiel des Indie-Studios Innersloth, verfügbar kostenlos fürs Smartphone und für ein paar Euro für den PC oder die Nintendo Switch. Tatsächlich wurde es bereits 2018 veröffentlicht, aber so richtig Fahrt aufgenommen hat es erst in Zeiten der C-Pandemie. Euch sind die kleinen Astronaut:innen vielleicht auch schon über den Weg gelaufen. In meinem Freundeskreis jedenfalls treffen wir uns seit Monaten regelmäßig, um uns gegenseitig zu misstrauen. Bisher gibt es eine deutsche Fassung nur in der Beta-Version, daher verzeiht, dass ich im Folgenden zum Großteil die englischen Begriffe verwenden werde.

In Among Us können bis zu zehn Spieler:innen gemeinsam in die Weiten des Weltraums eintauchen. Das Spielprinzip ist eigentlich recht simpel und an bereits existierenden analogen Spielen wie Werwolf oder Mafia angelehnt. Der einfachste Modus ist wie folgend: Zu Rundenstart bekommen alle nur für sie sichtbar auf ihren Bildschirmen ihre Rolle angezeigt: Crewmate oder Impostor. Dann finden sie sich auf dem ausgewählten Spielfeld – aktuell einer von drei Maps – wieder und es geht los. Crewmates haben bestimmte Minispiel-Aufgaben (Tasks), die sie in verschiedenen Ecken des Spielfelds erledigen müssen. Impostor müssen versuchen, die Crewmates zu töten. Außerdem können sie sabotieren, etwa das Licht ausmachen, sodass die Crewmates nur noch eine eingeschränkte Sicht haben. Findet man eine:n getötete:n Crewmate, kann man diese:n reporten, dann findet ein Meeting statt. Das Spiel hat einen eingebauten Text-Chat, doch oft sind alle Mitspieler:innen über Audio verbunden, z.B. über Discord. Während sie in den Runden stumm sind, können sie nun im Meeting diskutieren, wer wohl Impostor ist. Am Ende des Meeting kann jede:r eine Stimme für jemand anderen abgeben und der- oder diejenige mit den meisten Votes wird rausgekickt. Alle getöteten oder rausgevoteten Spieler:innen werden zu Geistern und können immer noch sabotieren oder müssen ihre Tasks machen. Ziel der Crewmates ist es also, die Impostor zu enttarnen und rauszuwählen, oder sie gewinnen, wenn alle alle Tasks erledigt haben. Die Impostor gewinnen, wenn nur noch so viele lebende Crewmates wie Impostor im Spiel sind. Natürlich gibt es noch mehr Funktionen und Feinheiten, aber das würde hier zu weit gehen. Kurz gefasst versuchen alle möglichst gute Crewmates zu sein. Soweit klar?

Vermutlich nicht. Daher hier die etwas weniger technische Erklärung: Eine Crew versucht ihr Raumschiff zu reparieren. Doch unter ihnen gibt es Aliens, die zwar aussehen wie alle anderen Besatzungsmitglieder auch, jedoch eben Verräter (Impostor) sind. Sie wollen natürlich nicht, dass die Crew all ihre Tasks erledigen kann, sondern diese sabotieren und unauffällig möglichst viele Crewmates töten. Wird eine Leiche gefunden, können Notfallmeetings einberufen werden, um Hinweise und Verdächtigungen zu besprechen und schließlich einen möglichen Impostor rauszuwerfen. Am Ende kann nur ein Team gewinnen.

Ach du liebe Modifikation

Nun wäre vermutlich vor allem Leuten, die viel spielen, Among Us dann doch schnell langweilig geworden. Also dachten sich wohl ein paar schlaue Menschen: „Hey, das Spielprinzip ist ja recht einfach und der Code lässt sich auch leicht überschreiben. Modifizieren wir das ganze!“ Und daher gibt es nun zahlreiche Modifikationen, die man sich installieren kann und die ganz neue Spielmodi ermöglichen. In den meisten Fällen heißt das, dass Crewmates oder Impostor mit bestimmten Fähigkeiten ausgestattet werden und somit ganz viele verschiedene Rollen entstehen. Ich werde sie euch hier nicht alle erklären, denn erstens kenne ich gar nicht alle und zweitens würde dieser Beitrag selbst mit denen, die mir bekannt sind, zu lang werden. Ich empfehle einfach auf YouTube mal herumzuschauen bei Interesse und z.B. die Videos von 5up, DumbDog, Disguised Toast anzuschauen. Außerdem gibt es natürlich Rollenbeschreibungen zu den jeweiligen Installationen, die ihr mit eurer Lieblingssuchmaschine auftreiben könnt.

Eine der ersten zirkulierenden Anpassungen möchte ich dann aber doch noch kurz erwähnen, und zwar Crewlink. Wie eben beschrieben soll, während die Runden laufen, nicht gesprochen werden, sondern nur in den Meetings diskutiert. Streamer:innen erzählen ihren Zuschauer:innen natürlich in der Zeit trotzdem etwas, aber wir anderen Normalos sind wohl wirklich eher stumm. Mit Crewlink lässt sich nun ein so genannter Proximity Voice Chat spielen, sprich, wenn zwei Spieler:innen im Game nah genug aneinander sind, können sie miteinander reden. Dabei kann man wirklich immer nur diejenigen in seiner Umgebung hören. Läuft man aus dem Radius raus, ist wieder Ruhe. Dadurch bekommt das Spiel natürlich eine ganz andere Dynamik und neue Art der Interaktion miteinander. Daher wird der Voice Chat auch gerne mal mit anderen Modifikationen, die weitere Rollen einführen, kombiniert.

Im Folgenden als Veranschaulichung mal ein Beispiel, nur mit Proximity Chat. Die folgende Runde ist auf dem Kanal der Streamerin Valkyrae zu finden, ihres Zeichens, seit sie Among Us spielt, am schnellsten wachsende und dann meistgeschaute Streamerin 2020. Sie zeigt ganz gut das Chaos und den Unterhaltungswert einer Spielrunde. Tatsächlich sind Among Us-Videos bei YouTube sehr beliebt, sodass von Highlight-Zusammenstellungen bis zu richtigen Filmen alles Mögliche daraus entsteht, etwa die Animation dieser Runde.

Stream on

Zu Streamer:innen muss ich in diesem Zusammenhang natürlich auch nochmal ausführlicher etwas sagen. Denn als gute Medienwissenschaftlerin hat mich die ganze Dynamik des Online-Gaming und Streamings gerade sehr in ihren Bann gezogen. Also ja, ich verbringe seit längerem eindeutig zu viel Zeit auf Twitch. Das ist eine der beliebtesten Streamingplattformen. Kurz zusammengefasst kann man dort Leuten live beim Spielen zuschauen…oder kochen oder einfach nur reden. Ich finde es sehr faszinierend zu sehen, was auf Twitch alles so passiert und vor allem auch, wie die Interaktionen dort untereinander und mit dem Publikum aussehen.

Seit Monaten ist natürlich auch Among Us bei Twitch – sowie YouTube Gaming und anderen Streamingsplattformen – sehr beliebt, sodass in manchen Fällen man zehn Perspektiven eines Spiels gleichzeitig anschauen könnte. Wie schon oben mit der Babushka-Runde illustriert, werden einzelne Runden aus den Livestreams später zu YouTube-Videos weiterverarbeitet. Es ist ein ganzer eigener Kosmos, der da entsteht mit den Streamer:innen und ihren Zuschauer:innen.

Dabei finde ich besonders auch interessant, dass in den meisten Fällen die Personen – egal auf welcher Seite des Streams – sich untereinander nur digital kennen und trotzdem sich persönliche Bindungen aufbauen…oder zumindest gefühlt persönliche. Somit ergibt sich auch das Gefühl, hier mit Freund:innen etwas zu machen. Was gerade in einem Spiel wie Among Us, wo es viel darum geht, einander zu manipulieren und anzulügen, zu Problemen führen kann. Aber meistens finde ich es eher spannend zu sehen, wie auch die Streamer:innen untereinander agieren und wie sich Spielweisen mit der Zeit verändern. So hat auch bei Among Us eine Verschiebung stattgefunden von einem Fokus auf das Game als solches hin zu den Leuten, die es spielen.

Ich etwa schaue häufiger die deutschen Dienstags- und Donnerstagsrunden mit Baso, Vlesk, Mental von Bonjwa, Unge, Dhalucard und vielen weiteren. Und keine Sorge, euch muss keiner dieser Namen etwas sagen. Ich kannte die fast alle vor Among Us auch nicht, finde es aber umso witziger, welche Leute ich online durch das Spiel alle zur Unterhaltung entdeckt habe. Und ich bin nicht die einzige, die in diesen Strudel gefallen ist, zum Teil haben diese Streamer:innen Zuschauer:innenzahlen im mehrfachen Tausenderbereich. Ja, das heißt, mehrere tausend Leute gucken zehn eigentlich Fremden dabei zu, wie sie Among Us spielen. Wenn das mal nicht verbindend ist!

Dann mal auf die Freund:innen  töten

Kommen wir doch aber nochmal zurück aus der Sphäre der Menschen, die auch noch damit Geld verdienen, mit anderen und für andere dieses Spiel zu spielen. Denn im Kern glaube ich, dass Among Us in Zeiten wie diesen einfach ein Bedürfnis befriedigt, weil es trotz Sabotage, Lügen und Mord ein Gemeinschaftsgefühl erzeugt. Wie ich eingangs schon sagte, basiert es unter anderem auf dem Spiel Werwolf, das so viele von uns sicher schon mit Freund:innen oder früher auf Klassenfahrt gespielt haben, als man sich noch mit vielen gemeinsam in einem Raum aufhalten konnte. Man muss also nicht große:r Streamer:in sein und jede Bewegung vom eigenen Chat kommentieren lassen, um eine gute Zeit zu haben. Es ist einfach lustig, in verschiedenen Gruppen und Menschenkonstellationen zusammenzukommen und für einige Zeit zusammen die Welt da draußen zu vergessen und bunte Figuren auf einem Raumschiff zu sein.

Ein paar Anmerkungen zum Schluss:

  • Man kann Among Us natürlich auch online mit irgendwelchen Fremden spielen, dann eben meist nur über die In-Game-Chatfunktion.
  • Den eigenen Charakter kann man selbst gestalten, zum Beispiel die Farbe oder Accessoires. Außerdem lässt sich natürlich hier Geld anlegen, für das man sich etwa ein kleines Haustier kaufen kann, das einem im Spiel die ganze Zeit hinterherläuft… und dann im Falle des eigenen Todes traurig an der Stelle sitzen bleibt.
  • Das aktuell beliebte Game dieser Art nach Among Us, das auf Twitch seine Runden dreht und Leute in seinen Bann schlägt, ist übrigens Gartic Phone, das ganz primitiv auf Stille Post basiert.
  • Die erste deutsche Streamerin hat vor Kurzem die Millionenmarke auf YouTube geknackt, sie hat also 1.000.000 Abonnent:innen. Herzlichen Glück an Jasmin alias Gnu! Ich finde es super, dass auch weiblicher Streamerinnen immer stärker in den Fokus rücken!
  • Die US-amerikanischen Politikerinnen Alexandria Ocasio-Cortez und Ilhan Omar spielten mehrfach mit Streamer:innen gemeinsam Among Us, um sowohl ein bisschen Wahlwerbung zu machen, als auch ein Benefizevent damit zu verbinden. Auch andere Politiker:innen folgten diesem Beispiel, im deutschen Kontext ist mir allerdings niemand bekannt.
  • Wie angerissen hat Among Us über das Spiel hinaus auch seinen Eingang in die Popkultur gefunden. Schaut euch beispielsweise diese Filme an:

Beitragsbild: Steam/Innersloth

4 Gedanken zu “Among Us: Sabotiere und töte alle

  1. Ein schöner Beitrag, der einen super Überblick verschafft. Ich bin genau wie du im TwitchStrudel „gefangen“. Seit bestimmt einem Jahr entdecke ich dort immer wieder tolles und Neues. Vor allem die Interaktionen und die Authentizität der StreamerInnen tragen viel zu tollen Stunden bei.
    Twitch wird für mich mehr und mehr zum TVErsatz. Ich hoffe, dass die Entwicklung nach Corona weitergeht. Vor allem in Bezug auf die Vielfalt und die Qualität der Inhalte.
    Bisher habe ich es aber fast nur zu deutschsprachigen StreamerInnen geschafft. Hast du Empfehlungen für englischsprachige Streams?

    Liebe Grüße

    JCarax

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    1. Hey JCarax,
      danke für den netten Kommentar. Stimme dir da voll zu. Finde auch, dass es vor allem so abends nach nem anstrengenden Arbeitstag gut zum Abschalten ist, Twitch anzumachen.
      Ich bin auch eher in der deutschen Szene unterwegs bisher. An englischen Streamer*innen schau ich wenn häufiger tatsächlich bei der erwähnten Valkyrae vorbei oder auch Pokimane, die vor ihr meistgeschaute Streamerin war. Und so die Bubble um die zwei finde ich ganz unterhaltsam, also vor allem Sykkuno und CorpseHusband, dessen Stimme ich wie so viele auch verfallen bin. Allerdings ist das mit den US-amerikanischen Streamer*innen ja auch immer bisschen schwierig mit der Zeitverschiebung. Hab mir auch eine Zeitlang mir Videos von Pewdiepie oder Jacksepticeye angeschaut, aber das waren eher die YouTube-Videos, die nach nem Stream kommen. Ich füchte also, Geheimtipps hab ich erstmal nicht zu bieten.
      Hast du denn Empfehlungen für Streams?

      Liebe Grüße zurück,
      Kim

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      1. Hallo Kim,

        ich brauche ab und an mal mit dem Antworten. Habe mich über deine Antwort voll gefreut.
        Die von dir genannten StreamerInnen werde ich mir nach und nach mal ansehen. Zeit habe ich gerade. Ninja habe ich mir gestern das erste Mal angesehen. Aber auch nur weil er sooo groß ist.
        Im deutschsprachigen Raum bekenne ich mich schuldig, dass ich (noch) viel bei den populären StreamerInnen unterwegs bin.
        Mit Gronkh habe ich Silvester gefeiert. Seine Streams sind ne sichere Bank.
        RevedTV (https://www.twitch.tv/revedtv) finde ich super unterhaltsam. Auch wenn der content nicht immer meiner ist.
        Zur Zeit bin ich viel bei WilliCopta (https://www.twitch.tv/willicopta). Der spielt primär FlightSimulator. Gerade macht er ne Tour durch die ganze Karibik. Er fliegt alle Inseln an. Am Ziel wird ein Video darüber geschaut. Voll angenehmer Typ. Macht Spaß.
        freiheitstream (https://www.twitch.tv/freiheitstream) zeigt immer die Demos der Querdenker. Ohne Kommentar. Nur Bild und Ton. Da kann man sich ansehen was da für Leute mitlaufen und überhaupt. (Es wird einem schlecht 😔)
        Bei Babyanii (https://www.twitch.tv/babyanii) habe ich mich sofort voll wohl gefühlt im Chat. Entspannte Streams.
        SuperFlu_Music (https://www.twitch.tv/superflu_music) macht Montag bis Freitag immer von 10 bis 14 Uhr ein LiveDjSet. Mega nice so für nebenbei. Tanzen geht aber auch 😊

        Ich wünsche dir ein entspanntes OsterFest.

        JCarax

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      2. Hello,
        wie du siehst, ich bin auch nicht die Allerschnellste im Antworten.
        Danke dir jedenfalls für die ganzen Empfehlungen. Bis auf Reved kenne ich die tatsächlich alle nicht. Abgesehen von Gronkh natürlich, dessen Let’s Plays haben mir mal sehr in der Vorbereitung für ne mündliche Prüfung mit Schwerpunkt Gaming geholfen. Aber bei den anderen werde ich dann gerne auch mal reinschauen.
        Ich hoffe, du hattest auch schöne Ostertage.

        Liebe Grüße
        Kim

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