Eskapismus pt. 2 aka being a teenage white girl around 2010 in cool and alternative.. obvy!

Theresa hat bereits einen Artikel zum Thema Eskapismus geschrieben. Inspiriert von Corona, handelte der Text von dem Retten in eine andere Welt durch Bücher in ihrer Kindheit und Jugend. Als ich den Text las, fiel mir auf, dass diese Rolle bei mir vor allem die Musik spielte. Ich erinnere mich noch an Tage, als ich tosend genervt in den Bus stieg, meinen iPod startete, und als ich schließlich Zuhause ankam, war die Welt aushaltbar. Die Musik für mich dabei die reinste Form des Eskapismus. Man muss nichts tun, einfach Kopfhörer auf und schwupp die Wupp befindet man sich in einer anderen Welt. Diese Welt kann man dann auch noch ganz easy and die aktuelle Stimmung anpassen. Awesome! Nicht, dass ich nur im Bus gehört habe. Nein, in jeder freien Minute, weil man mit einem Knopf im Ohr die Musik so richtig gut wahrnehmen kann.

Gesehen bei randomturtle

Ja, das war ich zu fast allen Liedern, auch wenn es textlich nicht ganz so gut gepasst hat, in meinem Kopf tat es das trotzdem. Nun könnt ihr euch freuen über eine Einführung in meine jugendliche Psyche. Tatsächlich funktioniert das immer noch. Wenn ich die Musik heute höre oder auch andere Musik, merke ich, wie sehr es mir hilft, durch das Leben zu kommen. Es entlastet ungemein und spricht direkt zur Seele. Spoiler Alert! Es wird sehr weiß, männlich und irgendwie singen sie auch gerne Mal von Gott – well, well, well …

Ich starte mit meiner ersten großen Liebe: The Fray. Isaacs Stimme dringt bei mir einfach direkt durch die Seele ins Herz und nimmt mir die Last. Diese riesige Last, die man halt als Schülerin so auf seinen Schultern trägt. Richtig aufmerksam wurde ich auf The Fray natürlich durch How to save a life. Dieses Lied erlangte Bekanntheit durch? Genau, Grey’s Anatomy! Auf jeden Fall in den USA. Dort lieferte es den Soundtrack zu dem dramatischen Trailer der zweiten Staffel. Erst danach lief es in einer schnelleren Version auch in der Serie. Ein weiteres Lied und somit auch eine weitere Band gelang über Nacht der Durchbruch auf Grund von Grey‘s, und zwar? Snow Patrol mit Chasing Cars, richtig. (Snow Patrol ist für mich auch eine der most underrated Bands.) Dieses Lied lief nämlich im traurigen Finale, als Danny endlich stirbt. Ich weiß, es ist böse, aber #teamalex forever. Jup, wie problematisch Alex‘ Verhalten ist, ist mir auch erst wirklich in den tausend Reruns bei Sixx aufgefallen. Grey’s Anatomy hatte auf jeden Fall einen sehr guten Soundtrack. Es ist kein Zufall, dass jede Episode nach einem Song benannt ist. Außerdem spielen sie in einer Staffel fast nur Cover aus den 80ern.

Ich habe viel Musik in Serien entdeckt. Bewusst und unbewusst. Bei Serien und Filmen fällt mir auch oft auf, dass mein musikalisches Erinnerungsvermögen sehr viel besser ist als mein Visuelles. Bei Cold Case ist, zum Beispiel, die Wahrscheinlichkeit höher, dass ich den Soundtrack der Folge benennen kann, als den oder die Mörder:in (beste Klischee Crime Serie, die wo gibt). Ich interpretiere es auch einfach als Zeichen, dass The Killers mit Mr. Brigthside in O.C. California auftreten. Sowie ich es auch als ein Zeichen sehe, dass ich ständig in Serien und Filme reingezapped habe, just als The Fray lief. Daher glaube ich tatsächlich auch, dass nicht How to save a life die höchste Frequenz auf Soundtracks hat, sondern Look after you. How to save Life handelt, wo wir grad dabei sind, nicht vom Tod und wie man das Leben davor bewahrt. Es handelt mehr von der Möglichkeit „etwas aus dem Leben zu machen“, jemandem dabei zu helfen, das vermeintliche Potential zu nutzen. Der Song schließt sich somit einer Reihe von pessimistischen Songs an, deren Hoffnung auf einen Bruch des Teufelskreises verloren geht. Darunter zählen unter anderem auch Elvis In the ghetto und The Scripts We Cry.

Aber The Fray ist mehr als nur How to Save a life. Ihre erste Single Cable Car läuft auch heute noch im Radio. Das war auch definitiv ein Lied, bei dem ich richtig genervt war, wenn ich im Bus beim Hören unterbrochen wurde. Ich hatte tatsächlich nette Freundinnen, die es verstanden und mich meine Lieder aushören ließen, bevor sie anfingen zu reden. Damn, war ich ein sympathischer Mensch. Im Nachhinein fragt man sich dann manchmal doch, wie die Menschen mit mir befreundet sein konnten. The Fray war mein erstes richtiges Konzert, wo ich nicht nur freiwillig hingegangen bin, sondern auch wirklich hingehen wollte. Die Aufregung davor werde ich nie vergessen. All diese ersten Male.

Nie werde ich auch den Tag vergessen, als ich (oder meine Schwester) herausfand, dass eine Verbindung besteht zwischen The Fray und Ryan Tedder. Sodass sie schließlich sogar Lieder zusammenschrieben. Beide Bands kommen aus Denver, Colorado und so entstand eine Freundschaft in der Musikszene zwischen Joe und Ryan.

Kommen wir nun zu dem Tag meines allerersten OneRepublic Konzerts. Wir, meine Geschwister und ich, bekamen die Karten zu unserem Zeugnis geschenkt. Ach, was waren das noch für Zeiten als man für die eigene Leistungen belohnt wurde. Jetzt muss man sich selber für jede vollzogene Hausarbeit, Prüfung und Anwesenheit belohnen. Aber keine Panik, bis jetzt hat das auch immer sehr gut funktioniert. Zurück zum Tag, als ich Ryan zum ersten Mal live performen sah. Der Tag beginnt jedoch mit einem Fantreffen. Nicht von OneRepublic Fans, sondern von Alex Band. Jup, der Dude von The Calling. Whereever You Will Go?

Fun Fact: Er schrieb das Lied mit 15. Mit 15 einen Welthit schreiben? Kann man mal machen. Damals besuchte er die Beerdigung einer Freundin seiner Oma. Der Song ist somit aus der Sicht der verstorbenen Dame geschrieben, die zu ihrem hinterbliebenen Mann singt. Yes, the notebook in real und so.

So gingen meine Schwester und ich zur Schildergasse in das abgesprochene Café. Ich kann mich nicht mehr genau an die anderen Fans erinnern, es waren nur so drei und es war sehr komisch. (Anmerkung meiner Schwerster: Die waren wohl alle so Mitte 40) Wir waren auf jeden Fall froh, dass wir einen guten Grund hatten von diesem Treffen zu fliehen. Danach gab es keine offiziellen Fantreffen mehr für uns. So fuhren wir danach nach Mühlheim und standen zum ersten Mal vor den heiligen Hallen des Palladiums. Einige Stunden vor Öffnung der Türen, versteht sich ja von selbst. Als wir dort in hoher Aufregung und Erwartung standen, wurden Schilder für die Vorband verteilt, die niemand Geringeres waren als Scouting for girls. Meine Schwester und ich hatten bereits Karten für das Konzert im Gloria und es machte die Freude auf das Konzert umso größer.

Das waren noch Zeiten, als man zum ersten Mal die Konzertbühnen in Köln und Umgebung erkundete. Erst später kam die Erkenntnis, dass die meisten Orte für Popmusik doch eine recht schlechte Akustik haben im Vergleich zu anderen Hallen. Das Konzert an sich war ein Traum. Martin and James als erste Vorband. Dann Scouting for girls, die jedes Lied spielten, welches ich hören wollte. Da war meine Stimmung schon ganz oben angekommen. Und dann betrat nun endlich Ryan die Bühne. Vorher dachte ich noch, da er ja viel schreibt, produziert und diverse Instrumente spielt, ist er gesanglich nicht ganz so stark und bewegt sich nicht so viel auf der Bühne, aber ich wurde eines Besseren belehrt. (Anmerkung meiner Schwester: Wir wussten dann auch, warum vor dem Konzert eine halbe Stunde lang alles festgeklebt wurde). Bei ihm hat man einfach das Gefühl, er liebt was er tut, fühlt und feiert jede einzelne Sekunde. Und wenn er könnte, würde er jedes einzelne Instrument selbst spielen, jedoch hat auch er nur zwei Hände. Es war großartig und dieser Hype, dieses Gefühl der puren Freude, welches man nach Konzerten verspürt, brachte uns selig nach Hause. Ich wünschte mir, dass ich auch so talentiert sei. Es reichte jedoch nicht als Motivation, mich ans Klavier zu setzten und einfach mal zu üben.

Then..
and now.

The Fray und OneRepublic führten dazu, dass ich mich musikalisch etwas weg bewegte vom Mainstram Radio Pop und in die Alternative-Indie Szene eintauchte. Vielleicht brauchte ich den Gegensatz, auch von weiblichen Stimmen zu Männlichen. Oder der strukturelle Sexismus got me und ich hatte das Gefühl, männliche Musik sei besser, was natürlich totaler Bullshit ist, aber ein Grund für die Unterrepräsentation von FLINTs in der Musik. OneRepublics erstes Album ist in der Tat noch recht alternativ, später als sie dann erfolgreicher und sorgloser wurden, ändert sich das. Für mich voll okay! Etwas später entdeckte ich dann durch One Tree Hill Jack’s Mannequin. One Tree Hill thematisiert das Musikbusiness an sich und hat viele musikalische Gäste, wie Pete von Fall Out Boy. Jack’s Mannequin’s Everything in Transit Album ist einfach Everything!! Aber auch alle anderen Alben und Projekte von Andy habe ich gefühlt, obwohl ich einige Zeilen erst heute richtig verstehe.

I wake up to find it's another
Four aspirin morning, and I dive in
I put on the same clothes I wore yesterday.
When did society decide that we had to change
And wash a tee shirt after every individual use:
If it's not dirty, I'm gonna wear it.
I take the stairs to the car
And there's fog on the windows.
(And I'm Fighting the words)
I need caffeine in my blood stream,
I take caffeine in the blood stream.
I grip the wheel and all at once I realize:
(And you're getting away)
My life has become a boring pop song
And everyone's singing along.

Vide

Andy (der Mann hinter Jack’s) hat auch eine recht dramatische Lebensgeschichte, was man in vielen Liedern hört. Mit den letzten Aufnahmetagen des Everything in Transit Albums bekam er die Diagnose Leukämie. Als er die Stammzellentransplantation bekam, wurde das Album veröffentlicht und an dem Tag, an dem er die letzten Medikamente nahm, gab er das erste Konzert. Noch mehr Informationen zu dieser schweren Zeit, findet ihr in dem Dokumentarfilm Dear Jack. Etwas kitschig und klischeehaft, aber auch einfach herzzerreißend.

Mein Bruder musste mit mir nach London fahren, um auf ein Konzert zu gehen, da Andy im weiteren Europa leider nicht bekannt ist. Auch CDs musste ich immer im Internet bestellen und damals war das noch nicht so, wie heute. Tatsächlich war er auch einmal Vorband von The Fray, jedoch nicht in Deutschland. In Kalifornien hatte ich das Glück, sein jährliches Benefizkonzert zu besuchen. Neben einem Merchstand steht bei seinen Konzerten auch ein Stand, an dem man sich als Stammzellenspender:in registrieren lassen kann. Er ist ein Storyteller durch und durch und seine Lieder sind meist autobiografisch, was es für mich so authentisch und „real“ macht. Während Corona gab er ein Autokonzert zu dem 15. Jubiläum von Everything in Transit. Ich, wie so oft, gefangen in Deutschland mit neidischem Blick nach Kalifornien, schaute mir den Livestream an und war wieder voll drin. Konnte natürlich auch jeden Song auswendig, ohne Probleme, mitsingen. Über Songs, die man mal geliebt hat, kommt man einfach nicht hinweg. Das ist wohl dieses emotionale Gedächtnis von Musik.

Zum Ende kommen wir mit Bastille. Bastille sticht allerdings ein wenig hinaus. Es war kein richtiges Verlieben in dem Sinn (außer vielleicht in Dan). Es ist einfach richtig gute Musik. Als Bastille auf der Bildfläche erschien, war ich auch schon etwas älter, fast fertig mit dem Abitur. Vielleicht fühlt man Musik dann doch anders, als wenn man jung ist. Jetzt nach einem popmusikwissenschaftlichen Studium gehe ich natürlich eh viel sachlicher an Musik ran. Ehm, natürlich nicht! Aber es ist in der Tat bewiesen, dass mit dem Alter Musik an Wichtigkeit verliert. Während man in der Jugend Musik viel nutzt, um sich abzugrenzen, aber auch zugehörig zu fühlen, steigt mit dem Alter die Priorität für andere Dinge, wie Beruf, Familie, etc. So habe auch ich manchmal meinen Bezug zu Musik verloren, but I am always coming back.

Back to Bastille. Wie schon gesagt, sind die Songs einfach gut und auch die Texte sind bedeutend. Ihr zuletzt veröffentlichtes Album Doom Days handelt von Eskapismus, dabei wurde es vor 2020 veröffentlicht. Sie haben da einfach schon die Stimmung gut aufgefangen. Nehmen wir als Beispiel mal Quarter Past Midnight. 5 vor Zwölf ist eine beliebte Metapher, um zu verdeutlichen, dass ein Wandel anfangen muss, dass die Zeit bald abgelaufen ist. In dem Song ist es sozusagen schon zu spät. Hier ein kleiner Textauszug. Einerseits beschreibt es sehr gut die gesellschaftlichen und politischen Probleme, die wir haben. Andererseits findet man sich auch als Individuum sehr gut wieder.

It's a quarter past midnight
Still avoiding tomorrow
It's a quarter past midnight
But we're just getting going
We keep on running
Running through a red light
Like we're trying to burn the night away
Away-way, oh, away-way, oh

Eben habe ich schon erwähnt, welch eine emotionale Macht Konzerte haben, sowie die schlechte Akustik in Konzerthallen. In dem vorherigen Video sieht man sehr gut, was ich zu beschreiben versuche. Mein letztes richtiges Konzert war tatsächlich Bastille in der Elbphilharmonie. Das beste Konzert, auf dem ich jemals war und ich war auf Vielen! Ja, auch Klassischen. Das Konzert war Magie, Eskapismus at it’s best. Außer wenn Dan eine Rede über Europa und den Brexit schwingt (No offense). Die Akustik war ein Traum, man konnte jedes einzelne Instrument hören. Auf anderen Konzerten ist die Abmischung leider nicht so gut und je nachdem, wo man steht, hört man dann halt nur den Bass. Man sieht es in den Gesichtern der Besucher:innen und der Musiker:innen. Alle sind so in dem Moment gefangen, man spürt die unglaubliche Kraft auch des Miteinanders und das Glück der Menschen, dass sie teilhaben dürfen. Auch jetzt muss ich noch lächeln, wenn ich an das Konzert denke. Es war einfach unglaublich. Konzerte und natürlich auch Musik, an sich, halten die million pieces des Herzes zusammen.

Es ist ok manchmal einfach auszubrechen und die Probleme hinter sich zu lassen. Es ist nicht nur ok, es ist notwendig. Jeder hat etwas, dass sie*r dabei hilft. Dafür muss man sich auch nicht schämen, egal welche Musik, ob Teeniefilm und Kinderbuch. Ich hoffe, ihr konntet was mit meiner kleinen Reise auf der Memorylane anfangen. Weil es so männlich war, gibt es jetzt noch ein paar weibliche Song zum Fühlen. My teenie heart is flipping out.

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