Rezension: Herkules Musical

Ein Gastbeitrag von Lea Klein

Once in Hamburg muss man mal im Musical gewesen sein. Denn diese Stadt hat nicht nur eine absurd hohe Anzahl an Brücken (2.500 – ja, es sind mehr als in Venedig), sondern gilt als DIE Musical-Hochburg in ganz Deutschland. Man hat also die Qual der Wahl. Doch die Hansestadt beherbergt seit neustem sogar eine (göttliche) Weltpremiere. Herkules – das Musical kann seit März dieses Jahres im Stage-Theater Neue Flora besucht werden. Auf TikTok erlebt es einen totalen Hype. Die Spannung steigt also.

Das Musical

Vorab: Wer Fan vom Original von Disney ist, der muss ganz stark sein. Die Story, die auf der Theaterbühne gezeigt wird, hat, wie soll man sagen, an einigen Stellen ihren eigenen Touch.

Doch die grundlegenden Dinge stimmen überein: Herkules, Sohn von Zeus und Hera, wird auf dem Olymp geboren. Sein Onkel Hades, Gott der Unterwelt, kann seinen Neffen überhaupt nicht leiden. Ihm wurde durch die Moiren, den Schicksalsgöttinnen, prophezeit, dass Herkules seinen Planen, Zeus vom Thron zu stürzen, im Weg stehen könnte. Deshalb lässt er ihn von seinen Gehilfen, Pech und Schwefel (diese beiden merken, wird noch wichtig) auf die Erde entführen und töten lassen. Der Plan scheitert, da Herkules nicht die ganze tödliche Flasche austrinkt. Er ist jetzt zwar ein Mensch – aber seine göttliche Stärke bleibt.

Die eigentlichen Stars

Bis hier sind sich Film und Musical relativ einig. In den Filmen besonders beliebt: die Musen. Sie singen die Hintergrundgeschichte und versichern immer wieder, dass es „ganz genauso war“. Und so gut wie sie im Film singen, noch sehr viel besser singen sie auf der Bühne. Schon ab der ersten Sekunde ist das Publikum begeistert und hängen an den Lippen der Frauen. Alle glauben ihnen, dass es ganz genauso war!

Langsam bemerkt man die leichten Storyveränderungen. Pech und Schwefel heißen nicht wie im Original „Pech“ und „Schwefel“, sondern Karl und Heinz. Warum? Also wirklich, warum? Den Schock erstmal überwunden, geht es direkt weiter mit dem Grund für Hades Hass. Und wer ist natürlich schuld daran? Richtig, eine Frau – seine Mutter. Die hat ihm als Kind nicht genügend Aufmerksamkeit geschenkt. Sein Vater taucht in der Gleichung leider gar nicht auf, aber na klar, die Mutter ist für den Hass also allein verantwortlich. Kommt einem irgendwie bekannt vor, oder? Eine andere, wichtige Frau ist Meg. Herkules lernt sie auf seinem Weg wieder ein Gott zu werden kennen, verliebt sich sofort in sie. Sie, gezwungenermaßen die Komplizin von Hades, will sich erstmal von Liebe fernhalten. Doch nach und nach lässt sie ihre Gefühle zu. Zack, verliebt.

Die Unterschiede gehen weiter

Hier unterscheiden sich wieder Film und Musical. Im Original geht Herkules einen Deal mit Hades ein, um seine geliebte Meg zu retten. Er ist sich dessen bewusst, dass er für 24 Stunden seine Kräfte verliert, wenn er auf den Deal mit Hades eingeht. Kräfte gegen seine große Liebe. Im Musical verspricht Hades ihm zu helfen, wieder ein Gott zu werden, ohne Gegenleistung.  Also ein Deal, den er nur für sich selbst eingeht, kein Akt der Liebe. Hades gibt ihm also den letzten Tropfen, der damals noch gefehlt hat, um Herkules zu töten. Aber statt zu sterben, verliert er eben seine Kräfte. Erklärt wurde das aber nicht.

Der Endkampf besteht nicht wie im Film aus einem Kampf der Titanen, sondern aus einem sehr groß gewachsenen Hades – was auf der Bühne überraschend gut funktioniert. Doch Herkules, ziemlich geschwächt, trotz Hilfe von Meg, weiß nicht, wie er ihn besiegen kann. Ex-Komplizen Karl und Heinz eilen zur Hilfe und geben Herkules den ultimativen Tipp. Na, wer erinnert sich noch an Hades Mutter? Genauso soll Herkules auch seinen Gegner besiegen, indem er ihn auf seine Mutter anspricht. Da bricht Hades nämlich sofort zusammen und verliert seinen Kampfesmut. Also, da hätte man sich doch wirklich was Besseres überlegen können? Es muss ja nicht wie im Original darum gehen, Meg zu retten, aber ein klassischer „Ich bin sauer auf meine Mama“ Konflikt? Fraglich.

Am Ende wird Herkules für seinen Mut aber belohnt und wird wieder zum Gott. Doch auf der Erde sind zu viele Menschen, die er liebt und entscheidet sich, wie im Original als Mensch bei seiner Meg zu leben.

Die Musik rettet

Von der Story muss man wahrlich kein Fan sein, was aber überzeugt sind die grandiosen Stimmen der Darsteller:innen. Ausnahmslos alle haben eine unfassbare Präsenz auf der Bühne, wenn es in den musikalischen Teil geht. Die Musik überzeugt und auch die Songs, auch wenn sie leicht abgeändert wurden (kennen wir ja schon), sind unterhaltsam und machen Spaß. Auch das Bühnenbild ist beeindruckend und lässt einen in die Story eintauchen. Die Musen wurden zwar schon erwähnt, aber das war nicht genug! Diese fünf Frauen sind die Stars des ganzen Musicals und überzeugen mit Witz, tollen Kostümen (die zwar von den Kostümbildner:innen gemacht wurden, aber sie sehen eben toll darin aus) und einer so unglaublichen Stimmgewalt, dass man fast vom Sitz gepustet wurde. Der Hammer! Generell lässt sich sagen: Wer den Film noch nicht kennt, sollte ihn sich vielleicht besser erst nach dem Musical anschauen, um nicht enttäuscht zu werden.

Beitragsbild: Lea Klein

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