Auch in diesem Jahr sind wir beim Film Festival Cologne dabei und berichten euch über die gezeigten Filme und Serien.
The Goldman Case
Rezensiert von @thetalies
Regie: Cédric Kahn
Spielfilm · F, D 2023 · 115‘ · OmU
Wer tief im True Crime-Thema drin ist, wird wahrscheinlich auch schon das ein oder andere mehrstündige Video auf YouTube über ein Verfahren oder ein Verhör angeschaut haben. Ähnlich voyeuristisch fühlt sich „The Goldman Case“ an. Basierend auf einem echten Verfahren aus Frankreich der 70er-Jahre, wird im Film das Verfahren von Pierre Goldman porträtiert, der angeklagt ist, vier Raubüberfälle und zwei Ermordungen begangen zu haben. Während er die Raubüberfälle gesteht, wehrt er sich vehement gegen die Vorwürfe der Morde. Nun ist es an der Jury, zu ermitteln, ob er schuldig ist. Es werden zahlreiche Zeugen mit zum Teil widersprüchlichen Aussagen vorgeladen und die Klinschs und Fehden zwischen Staatsanwaltschaft und Angeklagten-Seite machen das Verfahren zusätzlich kompliziert. Der Film spielt mit den Implikationen des unverlässlichen Erzählers und lässt das Publikum zum Teil Dinge sehen, die so gar nicht möglich sind. Gleichzeitig widersprechen sich die Aussagen der Zeugen ähnlich wie das Bild an manchen Stellen. Es gibt immer wieder unterhaltsame Schlagabtausche, woran die Genialität von Arieh Worthalter als Goldman zu erkennen ist. Gleichzeitig ist der Film größtenteils ein Kammerspiel im Gerichtsaal. Bei so viel Tell, not Show, fragt man sich schon, warum der Regisseur damit zu den Grundlagen des Films zurückkehren wollte und so produziert der Film auch einige Längen. Trotzdem kann man diesen Film besonders True-Crime-Fans und und Freund:innen des Kammerspiels empfehlen.

How to have sex
Rezensiert von @vavasela
Regie: Molly Manning Walker
Spielfilm · GB, GR, B 2023 · 98‘ · OmU
Ein Mädelstrip, viel Alkohol und der Wunsch nach dem ersten Mal: Die drei Freundinnen Tara, Skye und Em reisen nach ihren Abschlussprüfungen nach Kreta. Sie wollen feiern – und Tara möchte ihr erstes Mal haben. Was nach einer sehr einfachen und schon häufig gesehenen Geschichte klingt, hat wirklich Tiefgang. Der Film zeigt auf Augenhöhe die Ängste und Wünsche der jungen Frauen. Der Regisseurin gelingt es in ihrem Debüt-Film, das Thema „erstes Mal“ mit einer unglaublichen Sensibilität aufzugreifen – ohne kitschige und romantisierende Klischees. Sie zeigt die Zweifel der jungen Frau und baut daraus eine wirklich gute Geschichte, die nicht nur um Sex geht, sondern auch um Freundschaft und Vertrauen. Besonders gut hat mir die Geschwindigkeit des Films gefallen, die schnellen Clubszenen werden mit vielen ruhigen Momenten zusammengeschnitten, in der die Musik nachlässt und den Zuschauer*innen genug Zeit gibt, das Gesehene selbst zu reflektieren und darüber nachzudenken. „How to have sex“ wurde bereits in Cannes ausgezeichnet und ich kann den Film auf jeden Fall empfehlen! Dem Regie-Debüt von Molly Manning Walker gebe ich vier Popcorn-Tüten.

Die Sirene
Rezensiert von @catwomhenn
Regie: Sepideh Farsi
Animationsfilm · F, D, LUX, B · 2023 · 100‘ · DF
Der 14-jährige Omid spielt mit seinen Freunden Fußball. Doch dann bricht der erste Golfkrieg aus und sein Leben verändert sich von einem auf den anderen Tag. Omids Bruder geht zur Armee und seine Mutter flieht mit seinen Geschwistern. Er bleibt jedoch mit seinem Opa in der heimischen Stadt Abadan im Iran zurück, mitten im Kriegsgeschehen. Er übernimmt Arbeit als Essenslieferant und überhört so, dass Abadan bald fallen wird. Deswegen will er die Stadt verlassen und die anderen Hinterbliebenen auf seinem Schiff mitnehmen.
Ich finde es sehr spannend, diese Geschichte als Animationsfilm zu zeigen. Es macht den Zugang zu dem Film für mich leichter, da ich mich noch gar nicht mit dieser Thematik beschäftigt habe. Die Handlung und auch die einzelnen Charaktere sind nichts Neues. Das finde ich in Ordnung, weil es viele bekannte Filme in diesem Genre gibt, die aber meistens nur westliche Katastrophen thematisieren. Die Gespräche wirken etwas platt, was natürlich auch an der Übersetzung liegen kann. Dadurch ist der Film ein wenig träge und es dauert bis wir bei der Haupthandlung ankommen. Es wirkt ein wenig wie ein Computerspiel, indem Omid eine Aufgabe nach der nächsten absolvieren soll. Bei mir hat der Film das Interesse geweckt, mich mehr mit der Geschichte des Irans auseinanderzusetzen. Das finde ich sehr wichtig. Außerdem zeigt der Film eindrücklich, wie sinnlos und einfach nur zerstörerisch Krieg sein kann. Der Film bekommt von mir drei Popcorn-Tüten.

Beitragsbild: Film Festival Cologne, Rückkehr nach Korsika

Ein Gedanke zu “Film Festival Cologne I”