Wenn die Sonne geht – Theaterrezension

Haben Sie Interesse, in diese Luxusimmobilie zu investieren?, flötet es immer wieder um die Zuschauer*innen von „Wenn die Sonne geht“, die sich vor der Vorstellung vor dem Veranstaltungsgebäude versammelt haben. Diese Immobilie soll aufgekauft und in eine Luxusimmobilie umgebaut werden, erklärt eine der beiden Damen, die immer wieder den ersten Satz wiederholen und sich als Theresa Müller, Maklerin der Stadt, vorstellt. Als sich alle in den Stuhlreihen des Theaters eingefunden haben, führt sie weiter durch den Investitions-Pitch. Diese alten Hallen werden bald komplett ausgeweitet und dann entstehen hier Luxus-Apartments mit eigenem Pool und allem anderen, was das reiche Herz zu begehrt. So beginnt das Theaterstück „Wenn die Sonne geht“ mit einem leichtherzigen, satirischen Immobilien-Pitch zu „Copacobana“ im Hintergrund. Doch dann wechselt die Laune schlagartig, als die Geister des Gebäudes mit einem markerschütternden Schrei in Erscheinung treten…

„Wenn die Sonne geht“ ist ein Theaterstück von Ana Valeria González, über deren Stück „Entlove You“ wir bereits letztes Jahr geschrieben haben. In der neuen Aufführung geht es um die Frage, wo die Welt gerade hinsteuert, welche Abgründe sich aufgrund des Kapitalismus auftun und was die Kommodifizierung von allem zur Folge hat. Gleichzeitig will das Stück Alternativen bieten. Die Geister, die nun, zugegeben manchmal wirklich sehr gruselig durch das Geschehen führen, versuchen durch Monologe Denkanreize zu bieten. Während der Immobilienpräsentation war noch alles lustig und leichtherzig, jetzt merkt man, dass man erst vielleicht noch aus Verlegenheit lacht, dass das alles aber in Wirklichkeit gar nicht so lustig ist.

Die live gemachte und gemischte Musik von Angelica Summer verbindet Auftritte der Geister und stimmt den Körper so richtig auf das Gesehene ein. Sie ist bald sphärisch, dann gruselig, rüttelt auf und lullt ein. Die Live-Mischung war auf jeden Fall sehr beeindruckend und wahrscheinlich mein Lieblingsteil des Stücks. In den Monologen scheinen die Geister Geschichten aus dem wahren Leben zu erzählen, es geht um Angst, Verlust, Flucht und die existentiellen Fragen des Lebens. Manchmal fühlt sich die direkte Ansprache ans Publikum an wie Frontalunterricht, dann wieder gibt es sehr interaktive Elemente, die das Publikum in das Geschehen einbinden.

Insgesamt lädt das Stück von rund einer Stunde ein, sich über den Kapitalismus und die Folgen Gedanken zu machen. Es bietet Möglichkeiten an, die Gesellschaft neu zu gestalten und zieht dabei aus den persönlichen Erfahrungen des Ensembles. Das macht das Stück und damit das Thema sehr persönlich und nahbar.

Wenn ihr das Stück gerne sehen möchtet, ihr das noch vom 07. bis 10. September 2023 um 19:30 in der Außenspielstätte der TanzFaktur, Vitalisstraße 314, 50829 Köln tun. Mehr Infos HIER.

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