Eine Königin wird wieder zum Leben erweckt

Es war einmal eine junge Königin, die damals und heute die Welt ein Stückchen veränderte. Wir schreiben das Jahr 1788: Katharina von Württemberg, Großfürstin von Russland, wurde in eine schwierige Zeit geboren. Als sie 1816 mit gerade einmal 28 Jahren Königin wurde, prägten Missernten und Hungersnöte die Gesellschaft. Doch Katharina engagierte sich für soziale Strukturen und gründete den „Zentralen Wohltätigkeitsverein“ und die erste württembergische Sparkasse. Sie richtete Schulen, Kinderheime, Krankenhäuser und Speisestätten ein. Mit gerade einmal 30 Jahren verstarb die junge Königin an den Folgen einer Grippe. Wer schon mal in Stuttgart war, kennt vielleicht das Katharinenhospital oder das Königin-Katharina-Stift Gymnasium, die auf die Königin zurückgehen.1 Doch warum schreibe ich einen Blogbeitrag über eine Königin, die bereits seit mehr als 200 Jahren tot ist? Katharina ist wieder da! Wer heute aktiv auf LinkedIn unterwegs ist, hat die Chance, auf Katharina zu stoßen. Aus der einstigen Königin wurde eine Influencerin.

Was macht Katharina heute?

Katharina sucht sich im Jahr 2024 als ehemalige Königin natürlich nicht irgendeinen Job aus. Sie möchte ja weiterhin Nähe zum Volk haben und wird deshalb Influencerin. Aber nicht für Mode, Essen oder Reisen, sondern für die von ihr damals gegründete Bank. Die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) erweckt ihre Gründerin wieder zum Leben und setzt Katharina von Württemberg als Corporate Influencerin ein. Katharina tritt vor allem auf LinkedIn als Markenbotschafterin auf und gibt Einblicke in die Transformation des Unternehmens. Und das macht Katharina ganz schön erfolgreich! Mittlerweile hat sie über 9.200 (Stand Ende September 2024) Follower*innen auf LinkedIn.2 Ihre Posts erreichen mehr als 4 Millionen Impressions.3 Doch das Ziel, das Katharina mit ihrem LinkedIn-Profil verfolgt, ist nicht ganz so royal, sondern eher zeitgenössisch: Sie sucht nach Fachkräften und will diese für die LBBW gewinnen. In Texten, Bildern und Videos informiert sie über verschiedene Themen des Unternehmens.

Wer steckt hinter Katharina?

Hinter der einstigen württembergischen Königin steckt vor allem ganz viel Technik. Dank künstlicher Intelligenz (KI) bekommt Katharina eine Stimme in der virtuellen Welt. Für das Projekt wurde auch einiges an Geld investiert. Laut KOM – Magazin für Kommunikation, wurden rund 200.000 Euro in eine Kampagne zur Markenbotschafterin Katharina von Oktober bis Dezember 2023 investiert.4 Katharinas Postings auf LinkedIn werden von einer Mitarbeiterin des LBBW-Kommunikationsteams verfasst. Auch hinter den Fotos steckt ein menschliches Bodydouble.5 Bild- und Videomaterial wird dann mithilfe von KI erstellt. Dabei leiht eine Mitarbeiterin aus dem Personalbereich Katharina ihre Stimme.6

Was verkörpert Katharina?

Die virtuelle Corporate Influencerin wir als moderne female leaderin ins Rampenlicht gerückt. Sie verkörpert eine junge selbstbewusste Frau. Die auffällige Hochsteckfrisur von damals wird in die heutige Zeit gebracht. Wallende Kleider werden durch bunte Anzughosen und weiße Blusen mit auffälligem Kragen ersetzt. Einige Elemente wie Kragen, Perlenschmuck und Hochsteckfrisur sollen optisch an die historische Figur erinnern. Sie tritt als junge Unternehmerin auf, die einen modernen Innovationsgeist verkörpert, verbunden mit Tradition. In ihren Postings auf LinkedIn schreibt Sie beispielsweise über Resilienz, Change und Führungskultur. Sie geht also auf die aktuellen Trends ein.

Und wie kommt Katharina an? Mein Fazit

Ich persönlich finde die Idee ganz spannend, eine historische Figur und in diesem Fall die Firmengründerin in die heutige Welt zu übertragen. Ob Sie nun in ihrem Auftreten und der Optik dem stereotypischen heutigen Business-Lady-Look gleichen muss, sei mal dahingestellt. Innovativ ist das Konzept aber allemal – gerade für so ein traditionsreiches Unternehmen wie die LBBW, die vielleicht auch eher ein konservatives und eingestaubtes Image hat. Durch solch eine Aktion kann die Bank zeigen, wie fortschrittlich und offen sie für neue Wege sind.

Die Idee, virtuelle Influencer*innen zu entwickeln ist jedoch nicht neu. Zu den bekanntesten zählen beispielsweise Lil Miquela und Shudu, mit 2,5 Millionen bzw. 240.000 Follower*innen auf Instagram. Ihre Inhalte sind komplett computergeneriert. Diese virtuellen Figuren haben vor allem den Vorteil, dass sie sehr spezifisch ihre Zielgruppe ansprechen und dabei sehr kosteneffizient sind. Wenn wir auf Deutschland schauen und hier vor allem auf die Kommunikation im Unternehmenskontext, ist Katharina von Württemberg eine wirkliche Vorreiterin. Doch ich muss auch sagen, dass sie gar nicht so digital ist. Lediglich das Bildmaterial von ihr wird mit KI generiert. Die Texte sowie das Community Management übernimmt das Kommunikationsteam der LBBW. Hier könnte ich mir auf jedem Fall noch mehr „Technik“ vorstellen, die Katharina zu einer wirklich virtuellen Influencerin macht und sich so von einem personalisierten Unternehmensprofil abhebt.

Und die große Frage, die ich hier in diesem Beitrag gar nicht beantworten kann und will: Glauben wir Menschen einer künstlichen virtuellen Markenbotschafterin mehr als echten Mitarbeitenden der LBBW? Hinter Katharina liegt natürlich das Unternehmen als Absender, das seine Botschaften vermitteln möchte. Es ist sicherlich für das Kommunikationsteam im Abstimmungsprozess sehr einfach, Katharina zu positionieren, allerdings fehlen mir hier die wirklich authentischen Einblicke in die Welt der LBBW. Wenn ich als potenzielle Bewerberin mich für das Unternehmen interessieren würde, dann bietet Katharinas LinkedIn-Profil einen guten Einstieg, jedoch würde ich dann weiter zu den „richtigen“ Mitarbeitenden gehen. Etwas erschreckend finde ich, dass die einzelnen Beiträge „von Katharina“ nicht deutlich gekennzeichnet sind als Inhalte einer virtuellen Influencerin mit KI-Bild und Ghostwriterin. Ihr LinkedIn-Profil ist zwar als Unternehmensseite angelegt, doch durch das sehr authentische Profilbild sowie die Beitragsbilder und die fehlende Kennzeichnung, finde ich dies an der Stelle zu undeutlich. Für mich wird nicht gleich auf den ersten Blick sichtbar, dass es sich um eine virtuelle Influencerin handelt.

Ich bin gespannt, ob weitere Unternehmen auf diesen Zug aufspringen und Ihre Gründer*innen oder andere historische Figuren als ihre Markenbotschafter*innen wieder zum Leben erwecken. Die Vielfalt des Contents und die Aufmerksamkeit der LinkedIn-Bubble sind damit auf jeden Fall garantiert.

Beitragsbild: unsplash / meganwatson

  1. Katharina von Württemberg (grabkapelle-rotenberg.de) ↩︎
  2. LinkedIn-Profil: Katharina von Württemberg ↩︎
  3. Digital wiedererweckt – Corporate Influencer | KOM – Magazin für Kommunikation ↩︎
  4. Die Influencerin, die es nicht gibt – und wer dahinter steckt – Bu siness Insider ↩︎
  5. Digital wiedererweckt – Corporate Influencer | KOM – Magazin für Kommunikation ↩︎
  6. Die Influencerin, die es nicht gibt – und wer dahinter steckt – Business Insider ↩︎

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